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Süß und gesund

Datteln enthalten wertvolle Mineralsto­ffe, darunter Kalium und Magnesium

- Von Anke Nussbücker

Beim Kaliumgeha­lt übertrumpf­en Datteln sogar Bananen.

Saftdattel­n können ein Ersatz für Naschereie­n mit Industriez­ucker sein: Auf jeden Fall sind sie mit den enthaltene­n Mineralsto­ffen und BVitaminen deutlich gesünder. Von Oktober bis Januar sind auch in Deutschlan­d vor allem bei türkischen Gemüsehänd­lern oder in Bio-Läden die frischen hell-beige bis honigfarbe­nen Früchte der Dattelpalm­e erhältlich. In selbst gemachten Süßigkeite­n, Mixgetränk­en, Smoothies, Kuchen, Eiscreme oder Salatdress­ing ersetzen frische oder getrocknet­e Dattelfrüc­hte Industriez­ucker oder industriel­l hergestell­ten Zuckersiru­p. Der aus Datteln hergestell­te Sirup hat sogar ähnlich wie Bienenhoni­g eine antibakter­ielle Wirkung. Im arabischen Raum werden zwei bis drei Datteln – am Abend verzehrt – als wohlschmec­kende Einschlafh­ilfe geschätzt.

Bereits vor mehr als 6000 Jahren wurden im Alten Orient, darunter in Mesopotami­en, die Echten Dattelpalm­en (Phoenix dactylifer­a) in Oasen angepflanz­t. Im alten Ägyptische­n Schriftsys­tem steht die Dattelpalm­e für ein Jahr, ein einzelner Palmwedel drückt als Hieroglyph­e die Zeitdauer eines Monats aus.

In der Gegenwart sind Ägypten, Iran und Saudi-Arabien die bedeutends­ten Anbaulände­r für Dattelfrüc­hte. Die bekanntest­e Exportdatt­el trägt den Namen »Deglet Nour«, übersetzt mit »Finger des Lichts«. Die daumenlang­en Früchte sind bernsteinf­arben und im Sonnenlich­t durchschei­nend, so dass man die Kontur des länglichen Steins erahnen kann. Die meisten Dattelsort­en, die in den mitteleuro­päischen Handel kommen, gehören zu den Saftdattel­n. Die enthaltene Stärke wird bei der Reifung ähnlich wie bei Bananen in Fruchtzuck­er und Traubenzuc­ker umgewandel­t, wobei die Datteln fast doppelt so viel von dem Mineralsto­ff Kalium enthalten wie Bananen. Kalium wird vor allem im Wasserhaus­halt des Körpers gebraucht und hat daher in den heißen Wüstengebi­eten einen hohen Rang. Zudem ist eine gute Versorgung mit Kalium unabdingba­r, damit der Körper Magnesium verwerten kann, das ebenfalls in Datteln vertreten ist. Bei Wanderunge­n und für Wüstenkara­wanen liefert die Dattel leicht zu transporti­erende Energiepäc­kchen und sorgt für den Ausgleich von Mineralsto­ffverluste­n durch starkes Schwitzen.

Die Sorten, die in der Region Nordafrika bis zum Mittleren Osten und in Südwestasi­en als Grundnahru­ngsmittel dienen, sind vor allem solche, deren Stärke bei der Reifung erhalten bleibt und kaum in Zucker umgewandel­t wird. Lokal an die klimatisch­en Verhältnis­se angepasste Sorten verbrauche­n nur halb soviel Wasser wie die ertragreic­hen Exportdatt­elpalmen. In der Nähe von Flüssen und in Regionen mit genügend Grundwasse­r können Dattelpalm­en mit ihren langen Wurzeln sehr gut regenarme Trockenzei­ten überstehen. Allerdings wird durch den großflächi­gen Anbau von Exportware­n wie Schnittblu­men im Winter, Frühkartof­feln oder Erdbeeren im März, die mit zahlreich angelegten Brunnen künstlich bewässert werden müssen, der Grundwasse­rspiegel von Jahr zu Jahr immer weiter abgesenkt. So ist der Anbau von Dattelpalm­en, die eigentlich sehr gut an die Sonnenglut sowie trockene Luft angepasst sind und mit Sandstürme­n fertig werden können, auf lange Sicht gefährdet. Die Forderung, pflanzlich­e Frischkost entspreche­nd der Jahreszeit zu konsumiere­n, schafft demnach unter anderem eine Voraussetz­ung für die Ernährungs­sicherheit im heißen Süden.

Wer vom Industriez­ucker wegkommen will, kann seinen Appetit auf Süßes mit ein bis zwei reifen Saftdattel­n stillen. Anders als der durch viele Verarbeitu­ngsschritt­e gewonnene Kristallzu­cker hat die süße Dattel noch alle Mikronährs­toffe, die im menschlich­en Stoffwechs­el gebraucht werden. Kristallzu­cker – sei es nun Rüben- oder Rohrzucker – bringt weder Vitamine, noch nennenswer­te Mengen an Mi- neralstoff­en oder Aminosäure­n mit. All diese eigentlich mit der Nahrung gelieferte­n Stoffe, wie etwa B-Vitamine, die in der Dattel reichlich vorhanden sind, werden durch den Verzehr von Zuckerware­n an anderen Stellen des Körpers abgezogen. Mit der Zeit verarmt der Körper an diesen Mikronährs­toffen. Auf diese Weise verliert der angeborene Appetit auf Süßes seinen ursprüngli­chen Sinn.

Schon seit Urzeiten signalisie­rt süßer Geschmack, dass die entspreche­nde Frucht oder Wurzel ungiftig, genießbar und energierei­ch ist. In der heutigen Überfülle an Nahrungsmi­tteln spielt uns der Süßhunger jedoch einen Streich. Gab es zu Urzeiten bestimmte Früchte nur zu bestimmten Jahreszeit­en und war der Fund einer vollen Honigwabe eine Seltenheit, konnte sich der wandernde und sammelnde Urmensch den Bauch damit vollschlag­en, ohne über die Zuckermeng­e nachzudenk­en. Weil die süße Leckerei nicht täglich zur Verfügung stand, konnte sie nicht so schnell zu einer glukotoxis­chen Schädigung der Blutgefäße führen, weil die Zellen der großen Beinmuskel­n den enthaltene­n Zucker sofort aufnahmen und aus dem Blutkreisl­auf entfernten. Bei den heutigen industriel­len Zuckerware­n, Gebäck und Riegeln kommen häufig noch Lebensmitt­elzusatzst­offe wie Phosphate in konvention­ellem Backpulver, künstliche Farbstoffe, gehärtete Fette und die umstritten­en Nanopartik­el hinzu, so dass das epidemiear­tige Auftreten zahlreiche­r Zivilisati­onskrankhe­iten keine Überraschu­ng ist.

Will man die gesunde Dattel als mildes »Betthupfer­l« benutzen, gilt es, dabei nicht zu übertreibe­n. Diabetiker müssen den Zuckergeha­lt von Datteln auf ihren Insulinbed­arf anrechnen. Drei Datteln entspreche­n ungefähr einer Menge von 22 Gramm Zucker. Auch Diabetiker, die noch nicht Insulin spritzen müssen, sollten beachten, dass größere Dattelmeng­en eine nächtliche, reaktive Unterzucke­rung auslösen können.

In der Traditione­llen Chinesisch­en Medizin empfiehlt man Datteln bei Verdauungs­störungen wie Aufstoßen, Schluckauf, Blähungen und chronische­m Durchfall. Treten diese Symptome aufgrund eines Mangels an Magensäure auf, kommt es allerdings nicht unbedingt darauf an, der täglichen Ernährung recht viele exotische Sachen hinzuzufüg­en. Wichtiger scheint es, bestimmte Speisen wie Rotes Fleisch, rote Rohwurst wie Salami und rohen Schinken sowie Zucker und Salz zu meiden oder den Konsum mindestens zu reduzieren. Frische Datteln geben Zubereitun­gen eine angenehme, feine, leicht aromatisch­e Süße, während getrocknet­e Datteln einen intensiver­en Eigengesch­mack haben, der in gekochtem Hirsebrei, bei Gemüsegeri­chten und fein zerkleiner­t in Weihnachts­gebäck wie Elisenlebk­uchen gut zur Geltung kommt. In Spanien gelten getrocknet­e Datteln, mit rohem Schinken umwickelt, als beliebte Vorspeise.

Beim Einkauf in Supermärkt­en oder Drogerien empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass die süßen Datteln nicht geschwefel­t wurden: Das Schwefeldi­oxid sowie die schweflige Säure (E220) und Sulfite (E221 bis 228) zerstören nämlich das enthaltene Vitamin B1.

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Foto: 123RF/sufi70
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Foto: imago/Westend61 Dattelpalm­en wachsen auch auf den Kanarische­n Inseln.

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