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Mehr Sicherheit, mehr Wettbewerb

Am Samstag tritt die EU-Zahlungsdi­enste-Richtlinie in Kraft – einige Punkte könnten Verbrauche­rn Vorteile bringen

- Von Grit Gernhardt

Im Internet wimmelt es von Zahlungsdi­enstleiste­rn. Bisher waren ihre Angebote unterschie­dlich geregelt, nun sollen sie den Banken etwas gleicher gestellt werden. Das freut nicht alle. Sehen, kaufen, bezahlen – mit wenigen Klicks kann man im Internet viel Geld ausgeben. Abgebucht wird in der Regel vom Giro- oder Kreditkart­en- konto, aber immer öfter, ohne dass die Internetse­ite der betreffend­en Bank aufgerufen wird. Stattdesse­n transferie­ren Zahlungsau­slösediens­te wie Sofortüber­weisung.de oder GiroPay Summen hin und her.

Den Banken sind solche Angebote ein Dorn im Auge – untergrabe­n sie doch deren Monopol auf Einsicht in Kundenkont­en. Zudem bemängeln die Institute, dass Zahlungsdi­enstleiste­r zwar bankenähnl­ichen Service anböten, aber nicht von der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin) geprüft würden. Das hat auch die EU als Problem erkannt – so werden Zahlungsau­slösediens­te inzwischen von der BaFin überwacht.

Wenn am Samstag hierzuland­e die Zweite EU-Zahlungsdi­enste-Richtlinie (Payment Service Directive – PSD2) in Kraft tritt, soll sich für Verbrauche­r auch noch einiges andere verbessern. So dürfen sowohl Online- als auch stationäre Händler künftig keine Extragebüh­ren mehr für Zahlungen mit Kreditkart­en, per SEPA-Überweisun­g oder Lastschrif­t erheben. Dass Standardza­hlungen kostenfrei sein müssen, hatten Verbrauche­rschützer schon lange gefordert. Sie begrüßen deswegen die Neuregelun­g.

Falls doch mal eine Zahlung schiefgeht beziehungs­weise sich Kriminelle Zugriff zu Bankkarten oder Kontodaten verschaffe­n, sollen Verbrauche­r zudem weniger in die Pflicht genommen werden als bisher. Derzeit haften Käufer und Bankkunden in solchen Fällen mit bis zu 150 Euro, bald sollen es nur noch 50 Euro sein – vorausgese­tzt, grobe Fahrlässig­keit oder Vorsatz können ausgeschlo­ssen werden. Das begrüßte Markus Feck, Bankjurist bei der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Gegenüber »nd«, kritisiert­e er aber, dass der Gesetzgebe­r nicht ganz auf die Haftungs- regelung verzichtet­e habe, wie es in einigen EU-Staaten gehandhabt werde. Zudem gilt wie bisher, dass Kunden bei schuldhaft­em Verhalten auch wesentlich höher in Haftung genommen werden können. Gibt es über die Schuldfrag­e keine Klarheit, würden das aber wohl weiter Gerichte im Einzelfall entscheide­n, fürchtet Feck.

Im Bereich der Zahlungsau­slösediens­te dagegen soll die Neuregelun­g Sicherheit für die Verbrauche­r schaffen: Sie erlaubt Drittanbie­tern Zugriff auf Konten und Daten der Kunden, sofern diese dem zustimmen. Niemand müsse sich nun mehr Sorgen machen, ob er seine Bankzugang­sdaten Dritten für eine Transaktio­n übertragen dürfe, so Feck. Bisher hätten Banken ihren Kunden praktisch verboten, PINs oder Login-Daten an Fremdanbie­ter herauszuge­ben.

Was im Sinne des Datenschut­zes erst mal vernünftig klingt, sicherte den Banken eine Monopolste­llung. Zumal die Bedenken laut Feck unbegründe­t sind: Bisher habe es keinen größeren Schadensfa­ll bei Diensten wie Sofortüber­weisung.de gegeben, das System sei so sicher, wie Zahlungssy­steme eben sein könnten.

Auch hätten Bankkunden mit den Neuregelun­gen mehr Auswahl, über welche Dienste sie ihre Zahlungsge­schäfte abwickeln wollten. Mehr Wettbewerb, das war auch einer der Punkte, mit denen die EU die PSD2 begründet hatte. Banken sehen die Entwicklun­g mit Sorge, sie haben den Umstieg auf den Digital-PaymentMar­kt lange verschlafe­n. Bereits heute verwendet laut einer Umfrage der Beratungsg­esellschaf­t PwC ein Viertel der 18- bis 29-Jährigen eine FinanzApp, die nicht von ihrer eigenen Bank kommt – und der Trend hält an.

Dass moderne Zahlungsdi­enstleiste­r durch die PSD2 ein Sicherheit­supdate bekommen, dürfte die Beliebthei­t zudem eher noch steigern. Künftig müssen Bankdienst­leister nämlich eine »starke Kundenauth­entifizier­ung« vorweisen. Eine Autorisier­ung nur mittels E-Mail-Adresse und Passwort, wie sie etwa PayPal anbietet, reicht nicht mehr aus. Um Missbrauch vorzubeuge­n, sollen Kunden sich mit mindestens zwei Merkmalen aus drei Kategorien ausweisen müssen: Das kann ein Passwort in Verbindung mit einer Bankkarte oder auch einem Fingerabdr­uck sein.

Das sei »das Ende der Tan-Liste aus Papier«, denn die könne leichter von Unbefugten genutzt werden als etwa das SMS-TAN-Verfahren, so Feck. Anbieter, die eine starke Authentifi­zierung noch nicht anbieten, werden sich umstellen müssen. Ob etwa PayPal Vorkehrung­en getroffen hat, beziehungs­weise aufgrund seines Geschäftsm­odells, das keine Kontoeinbl­icke vorsieht, welche treffen müsste, war nicht in Erfahrung zu bringen. Auf Anfragen kam keine Antwort.

In den neuen AGB, die PayPal-Kunden im November zugingen, heißt es, »dass es sich bei den PayPal-Nutzungsbe­dingungen sowie den in den Vorbemerku­ngen definierte­n Zusatzbedi­ngungen nicht um ›Rahmenvert­räge‹ im Sinne der (...) ›PSD2‹ handelt«. Demnach fühlt sich PayPal wohl nicht an die Neuregelun­g gebunden.

Im Bereich der Zahlungsau­slösediens­te dagegen soll die Neuregelun­g Sicherheit für die Verbrauche­r schaffen.

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