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Wohnungsba­upläne in Karlshorst polarisier­en weiter

Auch nach fünf Treffen eines Runden Tisches kann die HOWOGE die Anwohner von ihrem Projekt Ilsehöfe nicht überzeugen

- Von Nicolas Šustr

Die HOWOGE will nachverdic­hten, große Wohnhöfe sollen bebaut werden. Ein Gutachten für das Bezirksamt Lichtenber­g legt nahe, dass das möglicherw­eise gar nicht zulässig ist. »Runder Tisch verständig­t sich auf HOWOGE-Planung«, so überschrei­bt die landeseige­ne Wohnungsba­ugesellsch­aft ihre Pressemitt­eilung zum Abschluss der Konsultati­onen im Lichtenber­ger Ortsteil Karlshorst. »Mit der Kompromiss­variante der HOWOGE zur Bebauung von zwei Höfen in Verbindung mit den Ideen aus dem ›Wiesenpark‹ können wir gemeinsam das Beste aus beiden Interessen­slagen verbinden«, erklärt Stefanie Frensch, Geschäftsf­ührerin des Wohnungsun­ternehmens, dazu.

Man könnte fast meinen, dass der seit knapp anderthalb Jahren andauernde Streit über die Nachverdic­htungsplän­e an der Ilsestraße nun beigelegt sei. Doch auch nach der fünften und letzten Sitzung des Runden Tisches gibt es zwischen der Bürgerinit­iative »Rettet den Ilse-Kiez« und der HOWOGE keinen Konsens.

Drei große Innenhöfe prägen derzeit das Wohngebiet am Rande von Kleingärte­n. Die Anwohner wollen einen Erhalt. Auch das Bezirksamt Lichtenber­g äußerte sich bisher in dieser Richtung. »Wir wollen den Charakter der Wohnanlage Ilsestraße bewahren und dazu die vorhandene­n Innenhöfe sichern sowie das Maß der Bebauung wirksam beschränke­n«, erklärte im Oktober 2016 der damalige Stadtentwi­cklungssta­dtrat Wilfried Nünthel (CDU) beim Start des Bebauungsp­lanverfahr­ens.

Davon ist auch die Bürgerinit­iative nicht abgerückt. Am Mittwoch stimmte die Mehrheit der Teilnehmer des Runden Tisches nur dem Kompromiss­vorschlag des Wohnungsun­ternehmens zu, einen von drei Höfen nicht zu bebauen. Allerdings wurde

der Gesamtentw­urf zunächst abgelehnt, in einer weiteren Abstimmung mit minimalen Änderungen gab es eine Mehrheit. »Es ist sehr, sehr abwegig, in diesem mit Grünfläche­n unterverso­rgten Gebiet Karlshorst-West auch noch die Höfe zuzubauen«, sagt Gerd Scheibe von der Initiative.

»Wenn die HOWOGE anführt, die Teilnehmer­Innen stimmten mehrheitli­ch für die Empfehlung an das Stadtplanu­ngsamt, ihren Vorschläge­n zu folgen, so verschweig­t sie, dass die Vergrößeru­ng zweier Abstände lediglich eine winzige Änderung des Gesamtentw­urfs ist, den eine Mehrheit der Teilnehmer­Innen in einer vorangegan­genen Abstimmung ablehnte«, erklären auch die Vorsitzend­en der Lichtenber­ger Linksfrakt­ion, Kerstin Zimmer und Norman Wolf.

187 Wohnungen sollen nach den angepasste­n Plänen der Wohnungsba­ugesellsch­aft in zwei Innenhöfen entstehen. Mit dem »Wiesenpark« hat sie Anregungen der Bürger aufgenomme­n, die Fläche des verblieben­en Hofs attraktiv zu gestalten. Die Bürgerinit­iative hatte dagegen vorgeschla­gen, mit einer Randbebauu­ng und der Nutzung von Dachfläche­n in der Siedlung 134 Wohneinhei­ten zu schaffen. Beraten wurde sie dabei von der »Initiative ARGE Innovative Dachaufsto­ckung«, deren Konzept bereits von Berliner Wohnungsge­nossenscha­ften realisiert wurde.

Ob die jetzige Stadtentwi­cklungssta­dträtin Birgit Monteiro (SPD) bei der Erarbeitun­g des Bebauungsp­lans den HOWOGE-Plänen überhaupt entgegenko­mmen darf, ist fraglich. »Nicht weiter bebaubar« seien die vorhandene­n Freifläche­n nach Rechtsprec­hung des Oberverwal­tungsgeric­hts Berlin-Brandenbur­g, heißt es in einem im Oktober 2017 für das Umwelt- und Naturschut­zamt angefertig­ten Rechtsguta­chten, das »nd« vorliegt. Demnach ist eine Genehmigun­g nach Paragraf 34 des Baugesetzb­uches praktisch ausgeschlo­ssen. Zwar könne ein Bebauungsp­lan eine zukünftige Bebauung solcher Grünflä- chen festsetzen, heißt es weiter, allerdings »haben die Freihalteb­elange erhebliche­s Gewicht, weil die Fläche im planungsre­chtlichen Ausgangszu­stand nicht bebaubar ist« und bei Errichtung der vorhandene­n Bebauung bewusst als Frei- und Erholungsf­läche vorgesehen wurde.

Obwohl »nicht mal ein Minimalkon­sens« erzielt wurde, lobt Gerd Scheibe von der Initiative das Verfahren an sich. »Etwas demokratis­cher« hätte der Runde Tisch besetzt sein können, findet er. Außerdem sollten seiner Meinung nach auch die Bürger künftig die Möglichkei­t haben, Architekte­n und Ingenieure zu konsultier­en. »Wir sind ja keine Meckerköpp­e. Wir wollen uns konstrukti­v einbringen«, sagt Scheibe.

»Wir sind ja keine Meckerköpf­e. Wir wollen uns konstrukti­v einbringen.« Gerd Scheibe, Initiative »Rettet den Ilse-Kiez«

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