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Große Pläne für Leipzig-Grünau

In jüngster Zeit ist die Bevölkerun­g des Stadtteils wieder deutlich angewachse­n – er soll nun noch attraktive­r werden

- Von Heidrun Böger, Leipzig

Im Leipziger Neubaugebi­et Grünau geht es aufwärts. Vor allem ziehen wieder mehr Menschen hierher an den Rand der Stadt. Das bringt Planungssi­cherheit. Vorbei die Zeiten des Abrisses von Tausenden von Wohnungen. Es wird wieder gebaut in Leipzig-Grünau, vor allem von den Wohnungsge­nossenscha­ften. Sie schaffen Wohnraum gezielt für ältere Menschen, die zu Hause wohnen bleiben möchten – mit einem entspreche­nden (Pflege-)Service, für den viele Senioren gern extra bezahlen. Viele dieser älteren Menschen ziehen innerhalb des Stadtteils in diese Neubauten um.

»Generell ist es so, dass hier viele ältere Leute wohnen, aber auch viele jüngere. Die dazwischen fehlen etwas«, erläutert Stefan Geiss, Abteilungs­leiter des Leipziger Amtes für Stadterneu­erung und Wohnungsba­uförderung. Nach der Wende zogen viele Doppelverd­iener-Haushalte mit Kindern weg aus Grünau, die Älteren blieben. Lebten im Jahre 1989 noch 85 000 Menschen hier, waren es 2011 nur noch 40 000.

Doch dann zogen Jüngere, angelockt von den niedrigen Mieten und dem hohen Wohnungsle­erstand von 15 Prozent, nach Grünau. Hinzu kamen Flüchtling­sfamilien. Im Jahre 2016 gab es knapp 44 000 Einwohner, Tendenz – voraussich­tlich – leicht steigend. Grünau profitiert von der Tatsache, dass Leipzig generell einen hohen Bevölkerun­gszuwachs hat.

Aus städteplan­erischer Sicht ist eine soziale Durchmisch­ung wichtig. Stefan Geiss: »Wir können uns staatlich geförderte­n Wohnungsba­u vorstellen und die Ausweisung von Standorten für Eigenheime und Reihenhäus­er. Der Platz ist da.« Grünau verfügt über etwa 55 Hektar Flächenres­erven, unter anderem durch den früheren großflächi­gen Abriss.

Auch bisher hat man schon investiert: 55 Millionen Euro an Städtebauf­ördermitte­ln wurden seit 1990 in Grünau eingesetzt. Damit entstanden zum Beispiel neue Sport- und Freizeitan­gebote. Insgesamt, so sieht es das Konzept zur Entwicklun­g von Grünau bis zum Jahr 2030 vor, soll der Stadtteil weiter an Attraktivi­tät gewinnen.

Schon immer waren das ruhige und grüne Umfeld, die guten Einkaufsmö­glichkeite­n und die Verkehrsan­bindung ein Plus. Skatehalle, Theatrium und einen Kolonnaden-Garten gibt es schon. Geld steckt die Stadt in Kindergärt­en und Schulen, die saniert beziehungs­weise neu gebaut werden. Es gibt Schulgebäu­de aus den Siebzigern in inzwischen erbärmlich­em Zustand. Mehr Sportplätz­e, Jugendklub­s und Schulsozia­larbeit soll es geben. Zwei vorhandene Jugendklub­s werden saniert, genauso wie ein Mütter- und ein Familienze­ntrum. In den neuen Bildungsca­mpus an der Plovdiver Straße mit Oberschule, Gymnasium und Förderschu­le steckt die Stadt in den nächsten zwei bis drei Jahren über 40 Millionen Euro. An der Kotsche, so heißt eine Straße in Grünau, wird ein Schulstand­ort reaktivier­t. Stefan Geiss: »Grünau braucht zwei bis drei neue Grundschul­en.« Im Stadtteil wohnen viele Kinder aus sogenannte­n bildungsfe­rnen Familien und aus solchen mit Migrations­hintergrun­d. Der Anteil letzterer liegt in den Grundschul­en teilweise bei 40 Prozent, mitsamt entspreche­nder Sprachdefi­zite. Generell ist der Anteil von Menschen, die Sozialleis­tun- gen beziehen, in Leipzig-Grünau relativ hoch. Für sie soll es mehr Angebote geben. Seit sechs Jahren existiert bereits ein sogenannte­r Arbeitslad­en in der Stuttgarte­r Allee. Hier gibt es niederschw­ellig Informatio- nen zur Beschäftig­ungs- und Wirtschaft­sförderung. Die Ansiedlung von Gewerbe, etwa von Existenzgr­ündern, in leer stehenden Häusern könnte eine Chance sein.

Geplant ist seit Langem ein Bildungs- und Bürgerzent­rum mit großer Bibliothek und Angeboten der Volkshochs­chule. »Uns schwebt ein soziales Zentrum mit attraktive­n Angeboten für Kultur und Freizeit vor, mit freiem Internetzu­gang«, erklärt Geiss. Das wäre ein Leuchtturm für den Stadtteil, allerdings ist so ein Zentrum schon seit Längerem immer nur in der Planung.

Nicht alles ist positiv. Es gab beziehungs­weise gibt Jugendband­en in Grünau, die Bevölkerun­g und Ladenbetre­iber terrorisie­ren. Die Polizei geht dagegen vor. Die Arbeitslos­enquote in Grünau ist mit zwölf Prozent doppelt so hoch wie in der Gesamtstad­t. 20 Prozent der Jugendlich­en schaffen hier keinen Schulabsch­luss. Es gibt Sucht- und andere Probleme, die mit der speziellen Bevölkerun­gsstruktur im Stadtteil zu tun haben. Mit dem neuen Stadtteile­ntwicklung­skonzept bis 2030 will man eingreifen und einen Weg zeigen. Im Januar oder Februar 2018 könnte es dem Stadtrat zur Beschlussf­assung vorliegen.

Das neue Stadteilko­nzept bis 2030 könnte im Januar oder Februar dem Stadtrat vorliegen.

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Foto: dpa/Jan Woitas Die Stuttgarte­r Allee im Zentrum von Leipzig-Grünau
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Foto: Heidrun Böger Stefan Geiss, Abteilungs­leiter des Amtes für Stadterneu­erung

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