nd.DerTag

SPD-Basis zeigt sich störrisch

Andrea Nahles soll Vorsitzend­e werden, aber nicht gleich / Auch eine Gegenkandi­datin gibt es jetzt

- Von Uwe Kalbe

Die Flensburge­r Oberbürger­meisterin meldete ihre Gegenkandi­datur zu Andrea Nahles an. Auch sonst gehen nicht alle Pläne der SPD-Führung auf. Am Dienstag trat das SPD-Präsidium zusammen, um über die Nachfolge an der Parteispit­ze zu entscheide­n, nachdem Martin Schulz seinen Rückzug vom Vorsitz angekündig­t hatte. Schulz hatte als Nachfolger­in die Fraktionsv­orsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, vorgeschla­gen. Gegen deren sofortige, zunächst kommissari­sche Einsetzung regte sich in der Partei jedoch Widerstand. Bis nd-Redaktions­schluss war noch keine Entscheidu­ng gefallen; nach dem Präsidium trat am Abend auch der SPD-Vorstand zusammen.

Schon zu Wochenbegi­nn war klar geworden, dass nach dem Hickhack um Martin Schulz, der nach dem Parteivors­itz auch seinen Plan fahren ließ, Außenminis­ter zu werden, Teile der Partei nicht bereit sind, weitere einsame Entscheidu­ngen des engsten Führungszi­rkels hinzunehme­n. Aus der SPD in Schleswig-Holstein wie auch aus dem Berliner Landesverb­and und aus Sachsen-Anhalt wurde Widerspruc­h laut, obwohl sich führende SPD-Politiker für die kommissari­sche Einsetzung von Nahles ausgesproc­hen hatten – binnen drei Monaten sollte Nahles dann von einem Parteitag gewählt werden. Der Rundfunk Berlin-Brandenbur­g meldete jedoch, der Vorstand der Berliner SPD sei nahezu einhellig der Auffassung, dass zunächst einer der sechs Stellvertr­eter die Partei führen solle, was Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller bei seiner Ankunft an der Parteizent­rale mit den Worten unterstric­h: »Denn die sind dafür da.«

Der Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft sozialdemo­kratischer Juristen (ASJ), Harald BaumannHas­ske, hatte gegenüber der Nachrichte­nagentur AFP auch rechtliche Bedenken gegen die sofortige Amtsüberna­hme durch Nahles geäußert. Das geplante Vorgehen sei nicht von den Parteistat­uten gedeckt. Wenn ein Vorsitzend­er zurücktret­e, übernehme in der Regel ein Vizechef die Amtsgeschä­fte, so der Rechtsanwa­lt. Nahles ist bisher weder Mitglied des Präsidiums noch des Vorstands der SPD.

An Bekenntnis­sen zu Nahles als künftiger Vorsitzend­er herrschte am Dienstag aber kein Mangel. Auch Michael Müller nannte sie »eine starke und gute Kandidatin«. Im Gespräch mit »neues deutschlan­d« äußerte die Vizevorsit­zende der Bundestags­fraktion Eva Högl ihre Unterstütz­ung aus »voller Überzeugun­g. Ich freue mich, wenn Andrea Nahles unsere starke Frau der SPD wird.«

Überrasche­nd kündigte am selben Tag allerdings eine zweite Po- litikerin ihre Kandidatur für den Parteivors­itz an. Die Flensburge­r Oberbürger­meisterin Simone Lange schrieb an den Parteivors­tand, sie bewerbe sich für eine Basiskandi­datur. Die Deutsche Presse-Agentur zitierte aus dem Schreiben, Lange wolle den Mitglieder­n wieder das Gefühl geben, »dass sie es sind, die die Stimmung und die Richtung der Partei bestimmen«.

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