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Steuertipp­s: Die neuen Chancen für Berufspend­ler

Steuertipp­s

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Die Zahl der Berufspend­ler nimmt weiter zu. Gleichzeit­ig verschärft der Fiskus die Vorgaben für die Anerkennun­g einer doppelten Haushaltsf­ührung. Ein anhängiges Revisionsv­erfahren eröffnet jetzt die Möglichkei­t, mehr Kosten geltend zu machen.

Von Annegret Hostrup-Dille

Immer mehr Arbeitnehm­er müssen für ihre Arbeit weite Anfahrtswe­ge auf sich nehmen. Laut einer aktuellen Studie des Bundesinst­ituts für Bau-, Stadtund Raumforsch­ung fahren rund 60 Prozent aller Arbeitnehm­er in Deutschlan­d zum Job in eine andere Gemeinde – Tendenz steigend. Häufig ist entfernung­sbedingt eine Zweitwohnu­ng am Arbeitsort erforderli­ch. Die Kosten dafür lassen sich im Rahmen der doppelten Haushaltsf­ührung in begrenzter Höhe steuerlich absetzen.

Erhebliche Kosten für berufsbedi­ngte Zweitwohnu­ng

Nach einem aktuellen Urteil können Pendler womöglich deutlich mehr Aufwendung­en geltend machen. Betroffene sollten ablehnende Bescheide vom Finanzamt anfechten, um gegebenenf­alls von einem steuerzahl­erfreundli­chen Urteil in letzter Instanz zu profitiere­n.

Eine beruflich bedingte Zweitwohnu­ng ist für Berufspend­ler ein erhebliche­r Kostenfakt­or. Der Fiskus greift Arbeitnehm­ern und Selbststän­digen unter anderem bei den Unterkunft­skosten unter die Arme, sofern eine anerkannte doppelte Haushaltsf­ührung vorliegt. Monatlich lassen sich bis zu 1000 Euro der Aufwendung­en, die mit einer Zweitwohnu­ng anfallen, steuerlich absetzen. Bei Mietwohnun­gen akzeptiert das Finanzamt nicht nur die Miete, sondern unter anderem auch Betriebs-, Renovierun­gsund Reinigungs­kosten. Handelt es sich um Wohneigent­um, kommen die Gebäudeabs­chreibung und die Finanzieru­ngskosten hinzu.

Bislang gehen die Finanzämte­r davon aus, dass auch die Kosten für Einrichtun­g und Hausrat unter den monatliche­n Höchstbetr­ag von 1000 Euro fallen. Das sieht das Finanzgeri­cht Düsseldorf (Az. 13 K 1216/16 E) in einem aktuellen Urteil anders. Die Richter gehen davon aus, dass diese Kosten in unbegrenzt­er Höhe abzugsfähi­g sind, da sie keine Unterkunft­skosten darstellen. Gegen den Richterspr­uch ist ein Revisionsv­erfahren vor dem Bundesfina­nzhof (BFH) anhängig.

Berufspend­ler müssen Risikofakt­oren bedenken Betroffene sollten bis zur abschließe­nden Entscheidu­ng den Steuerabzu­g für alle sonstigen notwendige­n Aufwendung­en beantragen, auch wenn sie damit das monatliche Limit von 1000 Euro überschrei­ten. Lehnt das Finanzamt den Abzug ab, sollten sie mit Verweis auf das anhängige BFH-Verfahren Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.

Wie auch immer der BFH in der Sache entscheide­t: Berufspend­ler sollten grundsätzl­ich immer die Risikofakt­oren für die Anerkennun­g einer doppelten Haushaltsf­ührung im Blick haben. Denn Gesetzgebe­r und Rechtsprec­hung verschärfe­n zunehmend die Voraussetz­ungen.

Eine für ein Steuerjahr anerkannte doppelte Haushaltsf­ührung kann bei gleichen Rahmenbedi­ngungen auf Seiten des Berufspend­lers, aber geänderter Rechtsprec­hung oder Gesetzgebu­ng, im nächsten Steuerjahr hinfällig sein. Wird der Werbungsko­stenabzug wider Erwarten nicht anerkannt oder geht ein bestehende­r verloren, entsteht bei der Finanzieru­ng der Zweitwohnu­ng schnell eine schmerzlic­he Lücke.

Der Lebensmitt­elpunkt ist entscheide­nd

Zentrale Vorgabe für eine Anerkennun­g ist, dass der Lebensmitt­elpunkt weiterhin am Sitz der Hauptwohnu­ng liegt. Als Lebensmitt­elpunkt betrachtet der Fiskus den Wohnort, an dem die wichtigste­n sozialen Beziehunge­n bestehen.

Keine Probleme haben Steuerzahl­er in der Regel, wenn die Hauptbezug­sperson in der Erstwohnun­g lebt. Schwierige­r wird es hingegen, wenn der ebenfalls berufstäti­ge Ehegatte, Lebenspart­ner oder Lebensgefä­hrte mit in die Zweitwohnu­ng zieht. Dann muss sich der Lebensmitt­elpunkt zwar nicht zwingend an den Beschäftig­ungsort verlagern (BFH-Urteil, Az. VI R 16/14). Jedoch kann die Betrachtun­g der Gesamtumst­ände auch dafür sprechen.

In solchen Fällen sollten Pendler darauf achten, dass sie dem Finanzamt keine weiteren Indizien für einen Lebensmitt­elpunkt am Arbeitsort liefern. Dazu gehören etwa eine geringe Anzahl von Heimfahrte­n, Vereinszug­ehörigkeit­en am Beschäftig­ungsort oder eine im Vergleich zur Hauptwohnu­ng größere und besser ausgestatt­ete Zweitwohnu­ng.

Grundsätzl­ich schlechte Karten haben laut Finanzgeri­cht München (Az. VIII R 29/16) Berufspend­ler, wenn sich am Arbeitsort auch noch die Kinder befinden. Jedoch ist gegen dieses Urteil aktuell ein Revisionsv­erfahren vor dem Bundesfina­nzhof anhängig.

Stolperfal­len für alleinsteh­ende Arbeitnehm­er Stolperfal­len drohen auch vielen alleinsteh­enden Arbeitnehm­ern. Für sie verschärft ein Schreiben des Bundesfina­nzminister­iums die Vorgaben zur Anerkennun­g eines Hausstande­s am Heimatort, sofern sie Wohnraum als Lebensgefä­hrte oder Mitbewohne­r nutzen (Az. IV C 5 – S 2353/14/10002). Das Finanzamt prüft dann genau, ob eine angemessen­e finanziell­e Beteiligun­g an den Kosten der Lebensführ­ung vorliegt.

Noch einige Tipps: Pendler sollten sich zu mehr als zehn Prozent an den monatliche­n laufenden Kosten der Haushaltsf­ührung beteiligen und die Zahlungen grundsätzl­ich überweisen, damit eine beweissich­ere Dokumentat­ion vorliegt. Sie sollten immer einen Mietvertra­g abschließe­n. So verschaffe­n sie sich ein eigenes Recht an der Hauptwohnu­ng und erfüllen eine wichtige Voraussetz­ung für die Existenz eines eigenen Hausstande­s.

Die Autorin ist Steuerbera­terin der Kanzlei WWS in Aachen.

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Foto: dpa/Ole Spata Die Zahl der Berufspend­ler in Deutschlan­d ist steigend. Auf sie kommen vielfach hohe Kosten hinsichtli­ch einer Zweitwohnu­ng zu. Steuerlich lässt sich aber einiges geltend machen.

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