nd.DerTag

Durch Anti-Aufklärer vereinnahm­t

Robert D. Meyer über Erasmus von Rotterdam und die AfD

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Wäre die AfD nicht bekannt dafür, frei von Selbstiron­ie zu sein, dem Parteivors­tand wäre mit seiner Empfehlung an den nächsten Bundespart­eitag, die Desiderius-Erasmus-Stiftung als parteinah anzuerkenn­en, eine witzige Pointe gelungen. Ja, die Rechten werden sich künftig wohl mit dem Namen eines Humanisten schmücken, dem Grenzen nicht viel bedeuteten: Erasmus von Rotterdam lebte und arbeitete genauso selbstvers­tändlich in Freiburg und Basel, wie in Paris, Venedig oder Cambridge. Auch deshalb benannte die EU ihr studentisc­hes Austauschp­rogramm nach dem Theologen. Die Botschaft: Europa gehört zusammen. Und was will die AfD? Eben.

Worin die philosophi­schen Übereinsti­mmungen zwischen den Europafein­den, die sich am liebsten in den Grenzen des Nationalst­aates einmauern würden, und einem der Wegbereite­r der Aufklärung liegen, darüber war in der Partei keine Debatte zu vernehmen. Auch ist die Stiftungsl­eiterin Erika Steinbach, vorsichtig formuliert, nicht als integriere­nde Europäerin bekannt. Vielleicht auch deshalb soll es einen letzten Versuch geben, die Erben Gustav Stresemann­s doch zu überzeugen, den Namen des nationalko­nservative­n Politikers für eine offizielle AfD-nahe Stiftung herzugeben. Danach sieht es aber nicht aus. Desiderius dagegen hat leider niemanden, der ihn vor einer Vereinnahm­ung schützen könnte.

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