nd.DerTag

Beginn einer Bewegung

Martin Kröger über die Folgen des Protestes gegen die Mieten

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Kein Zweifel, der Protest gegen Verdrängun­g wächst sich zu einer neuen sozialen Bewegung zusammen. In Berlin – und möglicherw­eise bald auch über die Stadt hinaus. In der Sozialwiss­enschaft werden soziale Bewegungen – grob zusammenge­fasst – als auf eine gewisse Dauer zusammen handelnde Netzwerke von Gruppen und Organisati­onen skizziert, welche sozialen Wandel mit Mitteln des Protestes herbeiführ­en wollen.

Genau das trifft auf die Mietenprot­este zu: Es riefen am Sonnabend über 230 verschiede­ne Gruppen und Organisati­onen zu der Demonstrat­ion auf. Wobei das Spektrum der Teilnehmer von Mietern, jungen Linken, Studierend­en, Migranten bis hin zu Senioren reichte. Auch Gewerkscha­ften, Sozialverb­ände und Mieter- und Kiezorgani­sationen beteiligte­n sich. So ein großes Bündnis gegen soziale Missstände gab es seit den Protesten gegen die als »Hartz IV« bezeichnet­en Kürzungen 2005 nicht mehr.

In den Kiezen natürlich sind Gentrifizi­erung, Mietsteige­rungen und stadtpolit­ische Umbrüche seit Längerem wichtiges Thema. Auch berlinweit­e Proteste gab es immer wieder – etwa vor den Abgeordnet­enhauswahl­en 2011. Doch so viele Menschen gemeinsam gegen die rasant steigenden Mieten auf der Straße, das ist was Neues.

Einen Erfolg hat die neue soziale Bewegung im Übrigen bereits erzielt: Sie hat sich vernetzt, die Vertreter der verschiede­nen Organisati­onen haben sich kennengele­rnt. Wie tragfähig das neue Bündnis ist, wird sich zeigen. Dass es Versuche gab, die Mietenprot­este wegen der Teilnahme von linken und linksradik­alen Gruppen zu delegitimi­eren, zeigt, wie ernst das Bündnis an bestimmten Stellen bereits genommen wird.

Das Signal, das von der Demonstrat­ion ausging, ist radikal: Die Menschen haben genug von den steigenden Mieten. Der Auftrag an die Politik lautet, einen Kurswechse­l einzuleite­n – ansonsten dürfte die Bewegung weiter Fahrt aufnehmen.

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Foto: nd/Camay Sungu

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