LINKE will das Öffentliche stärken
Delegierte des Landesparteitags fordern Enteignung von Spekulanten und Fahrscheinfreiheit für alle Schüler
Auf einem Landesparteitag beschloss der Landesverband der Sozialisten zahlreiche Maßnahmen für eine sozialere Stadtpolitik. Den außerparlamentarischen Druck der Straße will die Partei nutzen.
Im Schnellverfahren hat die LINKE am Sonnabend in Adlershof ihren Landesparteitag absolviert. »Wir brauchen weniger Sitzungssozialismus, sondern mehr Bewegung«, sagte der Bundesschatzmeister der LINKEN, Thomas Nord, in seiner Rede als Gast des Parteitags mit Blick auf die Demonstration gegen den Mietenwahnsinn, die am frühen Sonnabendnachmittag am Potsdamer Platz begann. Und an der sich auch viele der 137 Delegierten des Landesparteitags beteiligen wollten.
Passend zu den stadtpolitischen Protesten beschlossen die Delegierten ohne Gegenstimmen bei wenigen Enthaltungen einen Leitantrag mit dem Titel »Wem gehört die Stadt? – Das Öffentliche stärken«. In dem Papier werden unter anderem Enteignungen gegen Spekulation und Leerstand gefordert. »Wer mit Brachen und Grundstücken spekuliert, muss damit rechnen, dass die Grundstücke für den Wohnungsbau enteignet werden«, sagte die Landesvorsitzende der LINKEN, Katina Schubert. Auch wer seine Gebäude leerstehen lasse, könne am Ende leer ausgehen. »Die Berliner LINKE muss auf diesem Feld an der Spitze der Bewegung stehen«, sagte Bausenatorin Katrin Lompscher (LINKE). Sie erklärte, dass die Partei und der Senat die Mietenproteste nicht nur als Rückenwind sehen, sondern auch als Auftrag, Impulse für die Wohnungspolitik zu geben, auch wenn man dabei auf Landesebene inzwischen an Grenzen stoße.
Weitere Aspekte des Leitantrags waren eine Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbestands und eine Verbesserung der Situation im Ge- sundheitsbereich. Die LINKE untermauerte auch ihre Unterstützung des Volksbegehrens für gesunde Krankenhäuser, für das bereits 22 000 Unterschriften gesammelt wurden, wie eine Vertreterin des Volksbegehrens sagte.
Eine Forderung, die bereits im Vorfeld für Aufsehen sorgte, ist die Ausweitung des Schülertickets über den Kreis der Schüler hinaus, die auf Transferleistungen des Staates angewiesen sind. »Es ist nur folgerichtig, dass wir im nächsten Schritt das ÖPNV-Ticket für alle Schülerinnen und Schüler kostenlos machen wollen«, sagte Schubert.
Kontrovers werden derzeit zwei Themen in der LINKEN diskutiert. Zum einen geht es um die geplante Schulbauoffensive. Auch um den Kritikern, die Privatisierungen in diesem Bereich befürchten, entgegenzukommen, setzt sich die Partei für einen Verkaufsvorbehalt des Abgeordnetenhauses bei öffentlichen Verkäufen ein. Außerdem will die LINKE weiterhin eine Privatisierungsbremse in der Verfassung verankern. Dass auch in der Partei viel Informationsbedarf zu diesem Thema besteht, machte eine Abstimmung zum Antrag aus Neukölln unter der Überschrift »Transparenz zur Schulbauoffensive herstellen« deutlich. Mit einer Mehrheit von 52 JaStimmen zu 50 Nein-Stimmen wurde der Antrag angenommen. In dem Antrag wird unter anderem gefordert, dass Verträge zum Schulbau veröffentlicht werden.
Konfliktstoff bietet auch die Forderung nach der Aufhebung des Neutralitätsgesetzes. Aufgrund der Komplexität des Themas wollte die Partei dazu keine schnellen Beschlüsse fassen, sondern sich für die Debatte ausreichend Zeit nehmen.
Solidaritätserklärungen verabschiedete die Partei für die Opfer der mutmaßlich rechtsextremen Terrorserie in Neukölln und die Feuerwehrleute, die seit drei Wochen vor dem Roten Rathaus protestieren.