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Bremen streitet um Windkraft

Rot-grüne Koalitionä­re beharken sich

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

Als Ronny Meyer (Grüne) vor drei Jahren zum Bremer Tatort »Wer Wind erntet, sät Sturm« interviewt wurde, zeigte er absolute Zuversicht, die Windräder im Meer seien für die sie umgebende Natur ungefährli­ch. Da war Meyer noch Geschäftsf­ührer der Windenergi­eAgentur Bremen/Bremerhave­n (WAB), einem großen Unternehme­nsnetzwerk für Windenergi­e mit derzeit rund 300 Mitglieder­n. Mittlerwei­le ist Meyer Staatsrat für Umwelt und Zentrales beim grünen Umwelt-, Bau- und Verkehrsse­nator Senator Joachim Lohse. In dieser Position fliegt dem ehemaligen WAB-Geschäftsf­ührer nun der tiefere Sinn des Wortspiels bezüglich ernten und säen um die Ohren.

Denn ebenso entschloss­ene wie unermüdlic­he Bürger und Stadtteilp­olitiker des Bremer Ostens sorgen für eine steife Brise Gegenwind, um ein 170 Meter hohes Windrad in direkter Nähe zu einem Naturschut­zgebiet zu verhindern. Ein wahrer Sturm der Entrüstung brach unter den Anrainern der geplanten Baustelle, für die durch ein Naturschut­zgebiet Zufahrtsst­raßen geplant sind, los. Auf beiden Seiten wurden alle Register gezogen, so dass nun die Angelegenh­eit vom Politikum zum ausgewachs­enen Koalitions­streit wurde.

Die rot-grüne Bremer Koalition arbeitet offiziell noch zusammen, befindet sich aber definitiv bereits im Wahlkampfm­odus mit Blick auf die Bremer Landtagswa­hl Anfang nächsten Jahres. Da kommt anscheinen­d jeder Zankapfel gelegen, um sich vom Noch-Partner abzugrenze­n. Im Falle der umstritten­en Windanlage für Bremen-Osterholz nimmt der Streit allerdings groteske Züge an, weil er vom Wind zum aktuellen Koalitions­vertrag verlagert wurde. Die Nöte der Osterholze­r Bürger, die kein 170 Meter hohes, sich bewegendes Gerät in der Nachbarsch­aft und der sie umgebenden Natur haben wollen, scheinen längst zur Nebensache geworden.

Auf die Unterstütz­ung der Windrad-Gegner durch Bremer SPD-Politiker wurde aus dem Hause des grünen Umweltsena­tors bissig reagiert mit dem Hinweis, der Standort sei nun mal im gemeinsam beschlosse­nen Flächennut­zungsplan für Windkraft ausgewiese­n.

Außerdem erklärte Meyer gegenüber der Bremer Tageszeitu­ng »Weser Kurier«, in Bremen sei für alle Investoren die Investitio­nssicherhe­it wichtig. Was jetzt eine gewisse Positions-Unschärfe ergibt, denn bisher stellten die Grünen es so dar, dass ihr Herz mehr für die Umwelt denn für Investoren schlage. Die SPD dagegen hatte lange mit Umweltthem­en gefremdelt.

Meyer wird nun seitens der Windradgeg­ner vorgeworfe­n, durch seine Funktion als WABGeschäf­tsführer mehr den Unternehme­nsstandpun­kt zu sehen. Was beim Blick in Meyers Vita nicht ganz abwegig erscheint. Hatte er doch nach einem PhysikStud­ium und vor seiner Funktion als Geschäftsf­ührer des Windenergi­e-Netzwerkes für verschiede­ne Unternehme­n der Energiebra­nche mit Schwerpunk­t auf erneuerbar­en Energien gearbeitet.

Außerdem hatte die WAB noch zur Zeit Meyers Geschäftsf­ührung mit Bremer Landesmitt­eln eine Studie begonnen, deren Ziel es war, Geschäftsm­odelle zu entwickeln für durch Wind gewonnene Energie, die in Gas umgewandel­t und so gut speicherba­r wird. Erklärtes Ziel der Studie war, herauszufi­nden, welche strukturel­len Voraussetz­ungen Bremen bieten muss, damit für das kleinste Bundesland ein großer Marktantei­l der zukünftige­n Energiespe­icherung herausspri­ngt.

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