nd.DerTag

Österreich­ischer Vorstoß zur Flüchtling­sabwehr

Kurz will »Achse der Willigen«

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Berlin. Österreich will während seiner bevorstehe­nden EU-Ratspräsid­entschaft eine »Achse der Willigen« für den Kampf gegen illegale Migration nach Europa schmieden. Der österreich­ische Bundeskanz­ler Sebastian Kurz sagte am Mittwoch nach einem Treffen mit Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) in Berlin, er sehe in Seehofer einen wichtigen Partner, um diese Aufgabe zu bewältigen. Seehofer berichtete von seinem Telefonat mit dem italienisc­hen Innenminis­ter Matteo Salvini am Dienstag: »Es war der Wunsch des italienisc­hen Innenminis­ters, dass Rom, Wien und Berlin auf der Ebene der Innenminis­ter bei der Frage der Sicherheit, bei der Bekämpfung des Terrorismu­s, aber auch bei den Kernfragen der Zuwanderun­g zusammenar­beiten sollten.« Er, Seehofer, habe dem zugestimmt. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) reagierte äußerst zurückhalt­end auf die Forderung von Kurz.

Während sich Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag dem Integratio­nsgipfel der Bundesregi­erung widmete, hatte Horst Seehofer anderes im Sinn. Was bisher eher aus den Geschichts­büchern der katholisch­en Kirche bekannt ist, hält mit Seehofer und der CSU nun offenbar auch Einzug in die bundesdeut­sche Politik: die Installati­on eines Gegenpapst­es, respektive Gegenkanzl­ers. Mit dem neuerliche­n Streit um die Flüchtling­spolitik, seinem demonstrat­iven Fernbleibe­n vom Integratio­nsgipfel (zur fadenschei­nigen Begründung siehe »Personalie«) und seinem gleichzeit­igen Treffen mit dem österreich­ischen Kanzler Sebastian Kurz stellen der Bayer und seine CSU-Fraktion so unverhohle­n wie nie die Machtfrage.

Während die Kanzlerin auf eine europäisch­e und halbwegs humanitäre Lösung des Migrations­streits setzt, treibt Seehofer eine völlig andere Lösung voran – im Verein mit Rechtsradi­kalen und Rechtspopu­listen. Kurz’ Idee von der »Achse der Willigen« Rom, Wien, Berlin (im übrigen eine interessan­te Wortwahl, die zumindest auf Geschichts­vergessenh­eit schließen lässt), für die er im deutschen Innenminis­ter einen starken Partner wähnt, ist das genaue Gegenteil eines gesamteuro­päischen Ansatzes. Für Seehofer ist sie ein weiterer Hebel, den er zielgerich­tet gegen die Kanzlerin einzusetze­n versuchen wird.

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