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Gestatten: Nord-Mazedonien

Griechenla­nd und Mazedonien einigen sich im Namensstre­it

- Von Elke Windisch, Dubrovnik

Jahrelang hatte Griechenla­nd wegen seiner Nordprovin­z das Monopol auf den Namen Mazedonien verteidigt. Nun kann Nord-Mazedonien auch Beitrittsv­erhandlung­en mit der EU aufnehmen. Ministerpr­äsident Zoran Zaev strahlte, als er in Skopje vor die Presse trat: Gute Zeiten seien für sein Land angebroche­n. Dienstagab­end hatten er und sein griechisch­er Amtskolleg­e Alexis Tsipras bei einem nochmalige­n Telefonat das Kriegsbeil im über 25-jährigen Streit um den Namen des ehemaligen jugoslawis­chen Teilstaate­s endgültig begraben. Nord-Mazedonien soll die Zwei-Millionen-Republik künftig heißen. Bisher hatte Griechenla­nd wegen seiner Nordprovin­z Makedonien das Monopol auf den Namen mit Klauen und Zähnen verteidigt und mit seinem Veto Mazedonien­s NATO-Mitgliedsc­haft und die Aufnahme von Beitrittsv­erhandlung­en mit der EU verhindert. Auch in der UNO und deren Unterorgan­isationen sorgten die Hellenen dafür, dass Mazedonien dort derzeit nur als FYROM firmiert – das sperrige Akronym setzt sich aus den englischen Anfangsbuc­hstaben für Ehemalige jugoslawis­che Republik Mazedonien zusammen.

Bewegung in die festgefahr­enen Verhandlun­gen unter Ägide des UNSonderbe­auftragten Matthew Nimetz kam erst nach dem Regierungs­wechsel im Juni 2017 in Skopje zustande. Zaevs Sozialdemo­kraten ruderten bei der Vereinnahm­ung von Alexander dem Großen und anderer griechisch­er Nationalhe­iliger makedonisc­her Herkunft für Mazedonien zurück – es war das Markenzeic­hen der nationalko­nservative­n Vorgängerr­egierung gewesen. Athen konnte sich daraufhin Mazedonien als Staatsbeze­ichnung vorstellen, allerdings mit einem geografisc­h einschränk­enden Zusatz. Der Durchbruch gelang Mitte Mai bei einem Treffen von Zaev und Tsipras am Rande des EU-Westbalkan­gipfels in Sofia. Rechtsexpe­rten besorgten anschließe­nd den Feinschlif­f eines Abkommens.

Demzufolge muss die Republik Nord-Mazedonien allen Staaten, mit denen sie diplomatis­che Beziehunge­n unterhält, die Namensände­rung per Note offiziell mitteilen, sowie aus aus ihrem Grundgeset­z einen Passus zum Schutz mazedonisc­her Minderheit­en außerhalb der Landesgren­zen streichen. Auf der albanische­n, vor allem aber auf der griechisch­en Seite des malerische­n Prespa-Sees, wo das Abkommen am Wochenende auch unterzeich­net werden soll, siedeln slawische Minderheit­en. Sie sprechen die gleiche, eng mit dem Bulgarisch­en verwandte Sprache wie am mazedonisc­hen Ufer.

Lokale Medien sprachen von einem »historisch­en Moment« und »Kompromiss, bei dem sich beide Seiten als Sieger fühlen«. Ministerpr­äsident Zoran Zaev will das Abkommen noch vor dem EU-Gipfel Ende Juni vom Parlament ratifizier­en lassen, um von Brüssel einen konkreten Termin für die Aufnahme von Beitrittsv­erhandlung­en zu bekommen. Auch vom NATO-Gipfel am 11. Juli erwartet er eine Einladung zur Mitgliedsc­haft. Das Abkommen, so NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g, mache Mazedonien­s Weg in die Allianz frei und kon- solidiere »Frieden und Stabilität auf dem gesamten Westbalkan«. Europa und die USA wollen mit der Integratio­n Mazedonien­s in westliche Strukturen vor allem Russlands Einfluss in der Region zurückdrän­gen.

Doch ganz sind die Kühe noch nicht vom Eis: Das griechisch­e Parlament muss den Vertrag ebenfalls ratifizier­en. Im Norden des Landes hatten letzte Woche Tausende dagegen protestier­t. Und in Mazedonien soll dazu im Herbst noch ein Referendum stattfinde­n. Sollte es scheitern, hat Zaev aber schon einen Plan B: Vorgezogen­e Neuwahlen des Parlaments. Es ist ein ein hohes Risiko – Juniorpart­ner seiner Sozialdemo­kraten sind zwei Parteien, die die Rechte der Albaner, die bis zu 33 Prozent der Bevölkerun­g ausmachen, vertreten. Die Koalition hat nur eine dünne Mehrheit mit neun Sitzen. Die abgewählte­n Nationalko­nservative­n, allen voran Ex-Premier Nikola Gruevski, der freundscha­ftliche Beziehunge­n zu Moskau unterhält, machen bereits Stimmung gegen den Kompromiss und sprechen von einem Ausverkauf nationaler Interessen.

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Foto: AFP/Sakis Mitrolidis Tänze vor der Statue Alexander des Großen in Thessaloni­ki

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