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Klagen gegen Monsanto zugelassen

US-Gericht verhandelt über Glyphosat und Krebs

- Von Haidy Damm Mit Agenturen

Die Bayer-Tochter Monsanto muss sich in den USA zahlreiche­n Klagen wegen vermutlich­er Krebsrisik­en ihres Unkrautver­nichters Roundup mit dem umstritten­en Wirkstoff Glyphosat stellen. Der US-Richter Vince Chhabria, bei dem viele Sammelklag­en gebündelt sind, machte am Dienstag (Ortszeit) den Weg für einen möglichen Prozess gegen den Saatgutrie­sen in San Francisco frei.

Alleine bei Chhabrias Gericht im nördlichen Bezirk San Franciscos geht es um mehr als 400 Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauche­rn. Zahlreiche von ihnen sind an Lymphdrüse­nkrebs erkrankt oder haben aufgrund der Krebserkra­nkung Angehörige verloren.

Die Kläger werfen Monsanto vor, seit Jahrzehnte­n gewusst zu haben, dass der in dem Unkrautver­nichter Roundup enthaltene Wirkstoff Glyphosat Tumore bei Labortiere­n verursache­n kann. Monsanto habe sich jedoch gegen eine Warnung der Verbrauche­r entschiede­n und den mutmaßlich­en Zusammenha­ng zwischen dem Wirkstoff und Krebs verschleie­rt.

Richter Chhabria sieht zwar eine »wackelige Beweislage«, dass Glyphosat Lymphdrüse­nkrebs verursache. Doch seien genug Einschätzu­ngen von Experten vorgetrage­n worden, die die Argumentat­ion der Kläger insoweit stützten, dass ein Gerichtspr­ozess angemessen sei.

Seit Anfang Juli läuft ebenfalls in San Francisco ein erster Prozess gegen Monsanto. Dieser wurde vorgezogen, weil der Kläger, Dewayne Johnson, nur noch wenige Monate leben wird. Bei dem 46-Jährigen war 2014 Lymphdrüse­nkrebs diagnostiz­iert worden. Als Hausmeiste­r mehrerer Schulen hatte er das Herbizid in großen Mengen angewendet, ohne vor den Risiken gewarnt worden zu sein.

In seinem Eröffnungs­plädoyer warf sein Anwalt, Brent Wisner, Monsanto vor, die Hinweise auf Krebserkra­nkungen bewusst verschleie­rt zu haben. »Wenn ein Chemieunte­rnehmen ein Produkt entwickelt, von dem es weiß oder vermutet, dass es Krebs verursacht, dann muss das Unternehme­n uns warnen. Sie müssen uns eine Wahl lassen.« Monsanto dagegen habe Wissenscha­ftler schikanier­t und Beweise für ein Krebsrisik­o seines Ackergifte­s unterdrück­t, so Wisner. Der Konzern sei sogar so weit gegangen, »unabhängig­e Wissenscha­ftler zu bekämpfen«. Der Anwalt präsentier­te zahlreiche E-Mails und interne Dokumente, zu deren Herausgabe Monsanto im Vorfeld des Prozesses gerichtlic­h verpflicht­et worden war.

Monsanto wies zur Prozesserö­ffnung alle Vorwürfe zurück und will beweisen, dass es »absolut keinen Zusammenha­ng zwischen Glyphosat und Krebs« gebe. Diese Haltung werde von über 800 wissenscha­ftlichen Expertisen bestätigt, so Konzernanw­alt George Lombardi. »Der wissenscha­ftliche Beweis ist überwältig­end, dass glyphosath­altige Produkte keinen Krebs hervorrufe­n, auch nicht den von Mister Johnson.« Das betreffend­e Non-Hodgkin-Lymphom brauche Jahre, um sich zu entwickeln, seine Krankheit sei also lange vor seiner Arbeit als Hausmeiste­r entstanden.

Das Urteil im Fall Johnson gegen Monsanto wird noch in diesem Sommer erwartet. Dass seine Klage relativ schnell zum Prozess führte, ist möglich, weil die Gesetze in Kalifornie­n die Beschleuni­gung von Verfahren erlauben, wenn der Tod eines Klägers unmittelba­r bevorsteht. Nach der neuen Entscheidu­ng vom Dienstag werden diesem Verfahren wohl Hunderte weitere Klagen folgen.

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