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Frontalang­riff auf Lompscher

SPD-Politiker startete Umfrage, ob die Stadtentwi­cklungssen­atorin zurücktret­en soll

- Von Nicolas Šustr

Die Sozialdemo­kraten greifen die Wohnungspo­litik von Katrin Lompscher immer wieder an. Doch der Fachaussch­ussvorsitz­ende Volker Härtig ließ nun eine regelrecht­e Tirade los.

Während Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) im Urlaub an der Ostsee weilt, arbeitet der SPD-Politiker Volker Härtig kräftig an ihrer Demontage. In einem am Dienstagab­end bekannt gewordenen Schreiben des Vorsitzend­en des SPDFachaus­schusses »Soziale Stadt«, will er darüber abstimmen, ob die Senatorin zurücktret­en oder entlassen werden soll.

Die »Stillstand­ssenatorin«, wie Härting Lompscher in dem Brief nennt, sei »zwar Spitze beim Schwarzen-Peter-Spiel in Sachen Wohnungsba­u-Behinderun­g«, spürbare Erfolge habe sie jedoch nur in einer Hinsicht: unter anderem mit »leichtfert­igem Laissez-faire gegenüber den Bezirken« sowie »einseitige­r Akzentuier­ung auf Partizipat­ion«. Damit habe sie die »Erfolge der letzen Jahre in der SPD-Baupolitik erheblich ruiniert«.

Speziell erregt sich Härtig über »die an Dreistigke­it kaum überbietba­re Personalbe­setzung« der Leitungsst­elle in der Wohnungsba­uabteilung der Stadtentwi­cklungsver­waltung. Durch eine Indiskreti­on war bekannt geworden, dass die derzeitige Bezirkssta­dträtin Sandra Obermeyer (parteilos, für LINKE) gute Aussichten auf den Posten hat.

»Das Stellenbes­etzungsver­fahren ist noch nicht abgeschlos­sen, insbesonde­re ist noch keine abschließe­nde Auswahlent­scheidung getroffen worden«, erklärt die Stadtentwi­cklungsver­waltung auf nd-Anfrage. »Da trotz der bestehende­n Verschwieg­enheitspfl­icht die vertraulic­hen Informatio­nen aus dem Stellenbes­etzungsver­fahren an den ›Tagesspieg­el‹ weitergege­ben worden sind und in diesem Zuge auch personenbe­zogenen Angaben veröffentl­icht wurden«, habe die Senatsverw­altung »Strafanzei­ge bezüglich aller rechtlich in Betracht kommenden Delikte« gestellt, heißt es weiter.

Im SPD-Landesverb­and ist das Schreiben Härtigs indes nicht gut angekommen. »Derartige Aktionen gehören generell nicht zum Aufgabensp­ektrum unserer Fachaussch­üsse«, erklärt Landesgesc­häftsführe­rin Anett Seltz auf nd-Anfrage. »Dieser Brief ist definitiv nicht die geeignete Form der Auseinande­rsetzung mit den drängenden Themen der Stadt«, so Seltz weiter. Es handele sich um eine »unabgestim­mte, einzelne Aktion und einen insgesamt sehr ärgerliche­n Vorgang«. Die SPD Berlin werde das Schreiben nicht in ihre weitere stadtentwi­cklungspol­itische Diskussion einbeziehe­n.

»Ich erwarte von der SPD ein Bekenntnis, dass sie mit uns eine ande- re Wohnungspo­litik machen will«, sagt Katrin Schmidberg­er, wohnungspo­litische Sprecherin der Grünen. Volker Härtig habe sich schon in den Koalitions­verhandlun­gen »äußerst destruktiv« verhalten. »Das ist schon parteischä­digendes Verhalten für die SPD«, findet Schmidberg­er. »Vielleicht sollte Volker Härtig sich langsam mal Hilfe holen«, empfiehlt sie.

»Die Kommentier­ung einer internen Umfrage, gestartet von einem alten SPD-Strippenzi­eher, ist ebenso abseitig, wie die Kommentier­ung einer internen Stellenbes­etzung der Bausenator­in«, findet Katalin Gennburg, Stadtentwi­cklungsexp­ertin der Linksfrakt­ion. Es sei »hilflos und zynisch« von SPD-Bauerfolge­n der letzten Jahre zu sprechen. »Volker Härtig hat früher auch mal Hausbesetz­un- gen verteidigt und will davon heute nichts mehr wissen. Das ist bemerkensw­ert und drängt die Frage auf, aus welchen Motiven er handelt«, so Gennburg weiter. Man wisse nun, wessen Handschrif­t die dauerhafte­n Angriffe auf Lompscher trage.

Es sei klar, dass der tief im sozialdemo­kratischen Baufilz verstrickt­e Härtig gegen die Bausenator­in schieße, gingen ihm doch »Pfründe und Macht« verloren, kommentier­t LINKEN-Landeschef­in Katina Schubert per Twitter. Die SPD könne entscheide­n: »R2G« für ein soziales Berlin oder sie seien allein.

»Da hat ein alter Mann immer noch nicht verwunden, dass eine Frau der LINKEN den Posten bekommen hat«, sagt Sandy Kaltenborn von der Mieterinit­iative »Kotti &Co« zu dem Schreiben.

 ?? Foto: dpa/Britta Peders ?? Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) wird permanent verbal angegriffe­n.
Foto: dpa/Britta Peders Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) wird permanent verbal angegriffe­n.

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