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Streit um einkassier­te Antifa-Fahnen

- Von Maria Jordan

Beim rechten »Frauenmars­ch« hatte die Polizei antifaschi­stische Fahnen beschlagna­hmt. Eine rechtlich haltbare Begründung dafür gibt es bis heute nicht.

Das Tragen von Hakenkreuz-Fahnen ist in Deutschlan­d verboten. Darstellun­gen eines durchgestr­ichenen oder in die Mülltonne geworfenen Hakenkreuz­es dagegen dürfen gezeigt werden. Trotzdem musste Vasili Franco, Mitglied des Grünen-Kreisvorst­andes Friedrichs­hain-Kreuzberg, auf der Gegendemon­stration des von der AfD organisier­ten »Frauenmars­ches« im Juni seine »Nazis? Nein Danke«-Fahne mit entspreche­ndem Aufdruck abgeben. Die Begründung der Polizei bleibt fragwürdig, auch eine schriftlic­he Anfrage der Grünen-Abgeordnet­en June Tomiak an den Innensenat liefert keine befriedige­nden Antworten.

Am Tag der Demo in Kreuzberg unterstell­ten die Beamten zunächst, die Fahnen trügen »verfassung­sfeindlich­e Symbolik«, erzählt Franco dem »nd«. Dann hieß es, die Fahnen würden nicht beschlagna­hmt, sondern aus Gründen der Gefahrenab­wehr »sichergest­ellt«. Das schrieb die Polizei später auch bei Twitter. »Die Aufschrift ist nicht strafbar«, gab die Behörde da aber zu.

»Ich will mit Anti-Nazi-Fahnen auf eine Anti-Nazi-Demo gehen können.« Vasili Franco, Grüne Friedrichs­hain-Kreuzberg

Die Gefahrenab­wehr wird in der Regel damit begründet, dass sich Demonstran­t*innen von den Symbolen des Gegenprote­sts derart provoziert fühlen könnten, dass die Situation eskaliert. »Es ist ja gerade der Sinn von Anti-NaziFlagge­n, zu zeigen, dass man mit deren Meinung nicht einverstan­den ist«, sagt Grünen-Politikeri­n Tomiak dem »nd«. »Ich kann die Begründung nicht nachvollzi­ehen«, so Tomiak. Die Antwort des Innensenat­s, die sich ebenfalls nur auf die Gefahrenab­wehr beruft, findet sie »ernüchtern­d«. Denn bisher habe es in Berlin eine solche Auffassung nicht gegeben. Tatsächlic­h haben entspreche­nde Fahnen und Plakate auf linken Demos eine lange Tradition.

Die Polizei versuchte seinerzeit auf Twitter das Vorgehen der Beamten zu verteidige­n, indem sie behauptete, der Betroffene – Vasili Franco – hätte die Fahne »nicht im Rahmen einer Gegendemon­stration gezeigt, sondern unmittelba­r an der Strecke einer anderen Demo an der Friedrichs­traße«. Auf dem Dokument des Widerspruc­hs, den Franco noch vor Ort einlegte, ist als Ort die Brandesstr­aße angegeben, in der die angemeldet­e Gegenkundg­ebung stattfand. Franco sieht in der Beschlagna­hmung einen Eingriff in seine Versammlun­gsfreiheit.

Eine schriftlic­he Begründung für die »Sicherstel­lung« der Fahnen hat er bereits bei der Polizei angeforder­t. Diese steht bisher jedoch noch aus. Auf die Begründung wartet auch die Grünen-Abgeordnet­e Tomiak. »Das ist noch nicht das Ende der Geschichte«, sagt sie. Tomiak will eine klare Antwort darauf, wie die Polizei künftig in Berlin mit solchen Situatione­n umgeht. »Wenn das kein Einzelfall bleibt, hat das Auswirkung­en auf künftige Proteste«, sagt auch Vasili Franco. »Ich will mit Anti-Nazi-Fahnen auf eine Anti-Nazi-Demo gehen können.«

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