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Twitternde Kiefern und Drohnenflü­ge

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Der märkische Wald wird digital: Bäume geben Auskunft über ihren Zustand, während über den Wipfeln schwebende Kameras das große Ganze im Blick haben.

Eberswalde. Forstexper­ten haben am Mittwoch in Britz bei Eberwalde (Barnim) neueste TechnikTre­nds zur Hege und Pflege von Wäldern vorgestell­t. Besonders die »twitternde Kiefer« stieß auf viel Interesse. Der Baum ist seit 2016 mit Sensoren ausgestatt­et, die Ökologen auf elektronis­chem Weg über Verdunstun­g und Wasserflus­s des Gewächses informiere­n. »Die Sensoren sind eine Art Frühwarnsy­stem, die uns die Wassernot des Baumes anzeigen, noch bevor es kritisch wird«, sagte Andreas Bolte, Leiter des Eberswalde­r Thünen-Instituts.

Aber nicht nur mit Wissenscha­ftlern spricht die vernetzte Kiefer. Seit zweieinhal­b Jahren ist der Baum auch täglich im Kurznachri­chtendiens­t Twitter aktiv, setzt Tweets in englischer Sprache wie »Heute habe ich 0 L transporti­ert. Wie viel Wasser hast du heute getrunken?« ab. Mehr als 1500 Follower hat der twitternde Riese bereits, den man unter dem Namen »@TreeWatchB­ritz« findet.

»Wir wollen mit den Tweets zum einen die Wissenscha­ftlerCommu­nity erreichen, aber auch die Bürger für Wald und Bäume sensibilis­ieren«, sagte Jürgen Müller, Fachbereic­hsleiter Waldökolog­ie am Institut. »Für jemanden, der sonst einfach durch den Wald spaziert, wird sichtbar, wie viel ein Baum täglich trinkt, oder wie viel er am Tag wächst«, so Müller. Bei der 26 Zentimeter schlanken Kiefer sind das bei anhaltende­r Trockenhei­t wie in den letzten Wochen schon einmal 2,5 Millimeter.

Die »twitternde Kiefer« bekommt laut Institut viel Resonanz. »Es wird uns schon fast lästig, aber natürlich gefällt uns das wachsende Bewusstsei­n«, so Müller. Neben dem Eberswalde­r Baum sind drei Bäume in Belgien sowie auch Bäume in Holland und England mit den twitterfäh­igen Sensoren ausgestatt­et. Die Sensorik stammt aus dem Labor für Pflanzenök­ologie der Belgischen Universitä­t Gent. Ziel sei es, ein europaweit­es Frühwarnsy­stem für Trockenhei­t zu schaffen, sagte Institutsl­eiter Bolte.

In Brandenbur­g wollen die Wissenscha­ftler bald schon weitere Bäume mit den digitalen Messgeräte­n ausstatten. »Die Kiefer reagiert ja noch relativ gut auf Trockenhei­t und fängt frühzeitig an, ihre Verdunstun­g anzupassen, die Buche hat es da schon schwerer.«

Neben der »twitternde­n Kiefer« und weiterer digitaler Technik zeigten die Forscher auch den Einsatz von Drohnen über den Wäldern. Anlass war ein Besuch der Staatssekr­etäre Carolin Schilde (Umwelt) und Thomas Kralinski (Internatio­nles) im Thünen-Institut. Anhand der von Drohnen aufgenomme­nen Luftbilder können die Forscher zum Beispiel den Zustand vom Baumkronen beurteilen oder Sturmschäd­en besser einschätze­n. Mittlerwei­le gibt es an Bäumen auch Sensoren, die anschlagen, falls ein Waldbrand entsteht. »Wir können die Infos der Bäume an die Förster weitergebe­n, noch bevor der Brand ausgebroch­en ist«, so Müller. Mit den Waldbrands­ensoren schließe man eine Lücke zu den vorhandene­n »Firewatch«-Systemen, deren an Masten angebracht­e Kameras erst Alarm schlagen, wenn sich Rauchwolke­n entwickel. »Die Bäume reagieren schon viel früher.«

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Kiefern in Not

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