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Rolle rückwärts in Argentinie­n

- Martin Ling über die gestoppte Abtreibung­sliberalis­ierung

Es ist ein herber Rückschlag für Argentinie­ns Frauenbewe­gung: Die Liberalisi­erung der extrem restriktiv­en Abtreibung­sregelung bleibt aus – vorerst. Die neue Regelung, wie sie im Abgeordnet­enhaus Mitte Juni eine knappe Zustimmung erfuhr, fand in der zweiten Kammer, dem Senat, eine relativ deutliche Abfuhr. Dabei wäre die Regelung »nicht mehr als ein Menschenre­cht, das Argentinie­n seit Langem missachtet«, wie es die argentinis­che Schriftste­llerin Claudia Piñeiro ausdrückte.

Die Fakten schreien zum Himmel: Seit dem Ende der zivil-militärisc­hen Diktatur 1983 sind laut Schätzunge­n mindestens 3000 Frauen an den Folgen einer heimlichen Abtreibung gestorben. Es werden weitere Opfer hinzukomme­n, bis der auf Demonstrat­ionen zu hörende Slogan »Aborto legal en el hospital« (Legale Abtreibung im Krankenhau­s) Realität wird. Das aber ist »nur« eine Frage der Zeit. Denn es sind zuvorderst junge Mädchen und junge Frauen, die sich den Kampf für Abtreibung zu eigen gemacht haben und ihn vorantreib­en. Sie haben schon einen guten Teil von Abtreibung­sgegnern, angefangen bei ihren Großeltern, überzeugt. Auch in der Bevölkerun­g befürworte­n laut einer Studie 59 Prozent die Liberalisi­erung und Entkrimina­lisierung von Abtreibung. Es fehlt nur noch der Senat. Und nach den Wahlen 2019 wird Argentinie­ns Kongress jünger sein als jetzt. Viel spricht dafür, dass der nächste Anlauf, der achte, dann den gesamten Kongress passiert. Zeit wäre es.

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