Hohe Fallzahlen von Vorteil
Barmer-Krankenhausreport spricht sich für Behandlung in zertifizierten Zentren aus
Der Barmer-Krankenhausreport beschäftigt sich in diesem Jahr damit, welche Art von Operation bei Bauchaortenaneurysmen die besten Behandlungsergebnisse bringt. Die Bauchaorta ist das zentrale blutversorgende Gefäß des menschlichen Körpers. Im Alter und vor allem bei Männern kommt es manchmal zu Aussackungen dieser Hauptschlagader. Geschätzt gibt es das Phänomen bei etwa 200 000 Frauen und Männern über 65 Jahren. Leider bleiben diese Aneurysmen fast symptomfrei. Das kann ein Problem werden, wenn die Gefäßerweiterung plötzlich einreißt. Für die Patienten ist das lebensgefährlich, weil zu viel Blut inden Bauchraum gelangt und die Organe nicht mehr versorgt werden. Selbst wenn sie eine Klinik noch erreichen, kann jeder Eingriff zu spät kommen.
Wenn jedoch ein Aneurysma bei einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt wird und schon groß genug ist, kann vorbeugend eingegriffen werden. Der Barmer-Krankenhausreport, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, hat untersucht, welche Art der Therapie in welchen Krankenhäusern die besten Ergebnisse bringt. In Frage kommt entweder ein chirurgischer Eingriff, bei dem der Patient eine Gefäßprothese erhält, oder ein minimalinvasiver Eingriff, wobei ein Aortenstent über die Leistenarterien eingeführt wird.
Bei der Auswertung der Daten der 9,3 Millionen Barmer-Versicherten zeigte sich, dass die Sterberate bei einem planbaren Eingriff um 2,3 Prozentpunkte geringer war, wenn nicht offen-chirurgisch, sondern minimalinvasiv operiert wurde. Angesichts dessen geben die starken regionalen Unterschiede bei der Art der Eingriffe zu denken. In Sachsen wurden 86 Prozent der Patienten minimalinvasiv operiert, im Saarland nur 61 Prozent. Die Ursachen dafür seien unklar.
Barmer-Vorstand Christoph Straub fordert insgesamt eine Verbesserung der Versorgung: »Künftig sollten die Eingriffe nur noch in zertifizierten Gefäßzentren und Kliniken mit einer hohen Fallzahl erfolgen. Dazu wäre die Einführung von Mindestmengen pro Standort und Operateur sinnvoll.« Die Daten zeigten nämlich, dass vor allem auf lange Sicht bei beiden Arten des Eingriffs eine leicht geringere Sterblichkeit auftritt, wenn sie in Krankenhäusern mit hohen Fallzahlen (zwischen 85 und 432 pro Jahr) oder sogar in zertifizierten Zentren durchgeführt werden.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bestreitet in einer ersten Re- aktion die Evidenz der Barmer-Ergebnisse. Patienten mit einem hohen persönlichen Risiko könnten zu den abweichenden, höheren Sterberaten führen. Ein unterschiedliches Risiko bei den Eingriffen hatte Straub bei der Vorstellung des Reports eingeräumt. Es hinge unter anderem davon ab, ob das Aneurysma auch Bereiche großer Arterien, wie der zu den Nieren oder zum Darm umfasse. Hinzu komme, dass die Entscheidung für die Art des Eingriffs je nach Patient vom Operateur getroffen werde. Nicht für alle Patienten sei ein minimalinvasiver Eingriff am besten geeignet.
Im allgemeinen Teil des Krankenhausreports ging es unter anderem um die durchschnittlichen Kosten von stationären Behandlungen. Der Klinikaufenthalt eines Patienten kostete im Schnitt 4280 Euro bei körperlichen und 5959 Euro bei psychischen Erkrankungen. Bei einer Patientin betrugen die Kosten im Schnitt 3773 beziehungsweise 7518 Euro. Die Klinikkosten je BarmerVersicherten stiegen seit 2006 kontinuierlich an.
Bei den Diagnosen waren vor allem Depressionen für viele Tage stationärer Behandlung verantwortlich. Depressive Störungen machten 4,9 Prozent aller Krankenhaustage aus, depressive Episoden 3,1 Prozent. Die folgenden Plätze beim Anteil der Krankenhaustage belegten Herzinsuffizienz, Schizophrenie, Herzinfarkte sowie psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol.
Bei den Krankenhausaufenthalten gibt es erneut starke regionale Un- terschiede. 2017 wurden in Thüringen wurden 243 von 1000 Personen stationär aufgenommen, im Saarland 242. Hingegen waren es in Hamburg nur 184 und in Baden-Württemberg nur 174 Personen.
Auffällig ist außerdem, dass die Zahl der Krankenhausfälle seit 2014 relativ konstant blieb. Zwischen 2006 und 2014 war sie von 188 auf 218 je 1000 Versichertenjahre um insgesamt 16 Prozent gestiegen. 2017 waren es dann 214 Fälle. Die Ursachen für die Stagnation könnten zum einen in fehlendem Personal mit der Folge von Bettenschließungen liegen, zum anderen in der Wirkung eines neuen Abschlages seit 2017, bei dem die Kliniken weniger Geld erhalten, wenn sie mehr Fälle behandeln als vorher geplant.