Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Sanfter Kontakt zum Pferd
Westernreiten ist enorm vielseitig und wird immer beliebter – auch bei Männern.
Wilde Cowboys, die im Galopp das Lasso schwingen und Kühe einfangen – Maja Deeb weiß, dass viele mit dem Begriff „Westernreiten“vor allem spektakuläre Reitkunst und Wild-West-Romantik verbinden. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was das Westernreiten ausmacht.
Maja Deeb ist als Kind viel geritten und voltigiert, hat das Hobby als Jugendliche aber aufgegeben. Als Erwachsene packte die freischaffende Künstlerin dann erneut das Reitfieber, und sie kaufte sich ein Pferd. „Das war vier Jahre alt, nicht ausgebildet und sehr schreckhaft“, schildert sie die anfänglichen Schwierigkeiten. „Zum Westernreiten bin ich gekommen, weil es hierbei darum geht, die Pferde zu verstehen. Der Reiter lernt, die Bewegungen zu deuten, die Mimik zu verstehen und bekommt einen guten Draht zu den Tieren.“Sie fand einen guten Trainer, las sich in die Fachliteratur ein und wurde selbst zur Expertin.
Seit 15 Jahren betreibt sie in Mülheim an der Ruhr eine eigene Reitschule für Erwachsene. Maja Deeb ist unter anderem Europameisterin „Hunter in Hand“, ihre 18-jährige Tochter Yara ist vor wenigen Tagen in den USA Vize-Weltmeisterin „Halter“geworden, die ältere Tochter Gina plant nach ihrem BWL-Studium, die Reitschule zu übernehmen. Neben der intensiven Verbindung zum Pferd liegt für Maja Deeb der Vorteil des Westernreitens vor allem in der enormen Vielseitigkeit. Die Zügel bleiben lang, zum Teil wird einhändig geritten, der Kontakt zum Pferd ist sanft. Mehr als 15 Disziplinen gibt es, dazu kommen zahlreiche Unterkategorien. „Da ist für jeden Reiter und für jedes Pferd etwas dabei – vollkommen unabhängig von der Vorerfahrung des Reiters, dem Alter oder der Rasse des Pferdes“, sagt sie.
Bei „Pleasure“gehe es zum Beispiel darum, die Grundgangarten sauber und flüssig im langsamen Tempo zu beherr- schen. Beim „Horsemanship“wird der Reiter bewertet – die Haltung und die Hilfengebung für das Pferd. In der Kategorie „Trail“ist die Nervenstärke des Pferdes gefragt, wenn es Hindernisse wie Brücken, Wippen oder auf dem Boden liegende Stangen überwinden muss. Typisch ist, dass der Reiter ein Tor öffnet, hindurch reitet und hinter sich wieder schließt – ohne, dass zwischendurch ein Rind hindurchschlüpfen könnte. Andere Reiter betreiben „Reining“, die Dressur der Westernreiter. „Wenn die Pferde sich sehr schnell um sich selbst drehen oder aus vollem Galopp abbremsen, sieht das natürlich spektakulär aus“, sagt Deeb.
Wer will, kann bereits nach etwa einem halben Jahr BasisReitunterricht an ersten Wettbewerben teilnehmen, die von verschiedenen Verbänden organisiert werden. Die Erste Westernreiter Union (EWU) gehört zu den größten Zusammenschlüssen Europas. Sie ist für alle Pferderassen offen, viele andere Verbände sind auf einzelne Rassen begrenzt. Doch längst nicht alle Westernreiter wollen an Turnieren teilnehmen. Für viele ist es einfach ein schönes Hobby – und zwar für Frauen wie für Männer gleichermaßen. Zudem seien die Sättel etwas anders konstruiert als beim englischen Reiten: „Männer müssen sich nicht in enge Reithosen zwängen“, sagt Deeb, „sondern können in Jeans aufs Pferd steigen.“