Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Was vom Essen übrig bleibt
LÜNEN/KÖLN Immer, wenn Robert Krause Essen wegwerfen muss, blutet ihm das Herz. Leider kommt das in seinem Lünener Restaurant „Das Greif“immer mal wieder vor. Dort gibt es Burger und Spare-Ribs. „Und manchmal sind die Augen größer als der Magen“, sagt der Gastronom. In seiner Heimat wäre das mit dem Wegschmeißen kein Thema. „Ich komme aus Schwaben, da ist es gang und gäbe, dass man die Frischhaltebox ins Restaurant mitbringt“, scherzt Krause. Doch in weiten Teilen Deutschlands fragen die Gäste eben nicht, ob man ihnen die Reste einpackt. So landen laut Bundesernährungsministerium jährlich 23,6 Kilogramm Essen pro Gast im Müll.
Die Initiative „greentable“würde die Deutschen gerne zu mehr Nachhaltigkeit erziehen und die Hemmschwelle beim Thema Resteboxen senken. „Viele Gäste schämen sich einfach zu fragen, ob man die Reste einpackt“, sagt „greentable“-Mitbegründer Matthias Tritsch. „Das sind alte Mentalitäten: Wer ins Restaurant gehen kann, dem geht es gut. Wer nach den Resten fragt, der hat zu Hause nichts im Kühlschrank.“Andere Länder seien da viel weiter. In Großbritannien, Skandinavien und den USA sind die sogenannten Doggy Bags Standard. Das Bundesernährungsministerium und „greentable“lassen bei der Aktion „Restlos genießen“nun bundesweit 15000 Resteboxen kostenfrei in Restaurants verteilen. 130 Gastronomen haben sich angemeldet – darunter auch Robert Krause.
Besonders wichtig: Die Resteboxen sollen nicht noch mehr Müll produzieren. Daher habe man sich gegen Styropor und Aluminium entschieden. Stattdessen sind die Boxen innerhalb von acht Wochen kompostierbar und biologisch bedruckt. „Sie können also mit Essensresten in die Biotonne“, sagt Tritsch.
In NRW beteiligen sich erst vier Gastronomen an der Aktion. Sowohl Gäste als auch Gastwirte hätten Vorbehalte, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW. „Die Gastronomen begrüßen zwar alles, was Abfall reduziert.“Denn neben der Liebe zu Lebensmitteln bedeute weniger Müll auch weniger Abfallgebühren. Das Problem liegt also woanders. „Wenn ein Gast Reste mitnimmt, besteht das Risiko, dass es etwa durch falsche Lagerung zum Qualitätsverlust kommt“, sagt der Sprecher. Wenn dem Gast also zwei Tage nach dem Restaurantbesuch von einer falsch gelagerten Crème brûlée schlecht würde, könne das auf den Gastronom zurückfallen. „Was ich wegschmeiße, kann keinen Ärger machen“, sagt Hellwig.
Eine weitere Angst der Gastronomen: Was im Restaurant noch so lie- bevoll auf dem Teller angerichtet wurde, könnte in der Box aussehen wie – eben wie Reste. Damit das Essen auch zu Hause noch den besonderen Touch hat, könnte die Restebox die Anmutung einer Geschenkbox haben. Mit dieser Idee hat Anne Poggenpohl, Studentin der Kölner International School of Design, den Nationalen Rat für Verpackungen in Frankreich beim Wettbewerb Emballé 3.0 überzeugt und wurde mit der Juryauszeichnung „Coup du Coeur“ausgezeichnet.
Denn auch Frankreich ist ein Land ohne Resteboxen. Etwa 20 Kilogramm Essen werden dort jährlich pro Gast weggeworfen. „Dort lässt man lieber etwas vom Hauptgericht liegen und bestellt dann noch einen Nachtisch“, sagt Poggenpohl – Reste mitzunehmen sei auch dort verpönt. „Ich wollte erreichen, dass die Essensreste als etwas Positives und Wertvolles wahrgenommen werden. Darum habe ich die Verpackung ‚C’était Bien Bon‘ – zu Deutsch ,Es hat sehr gut geschmeckt‘ – entwickelt, die die Anmutung eines Geschenkes hat und durch die man den Restaurantbesuch zu Hause noch einmal genießen kann“, erklärt die 25-Jährige. Mit einer Handbewegung wird die recycelbare Box aufgestellt, und die Reste können eingefüllt werden. Ein Aufkleber für Hinweise zum Aufwärmen verschließt die Verpackung. Bisher gibt es 40 Prototypen. „Die Reaktionen waren durchweg positiv“, sagt Poggenpohl. Sie hofft, dass solche Boxen irgendwann auch in Deutschland Standard sind.
Robert Krause jedenfalls freut sich schon darauf, wenn es in seinem Restaurant losgeht. Man darf aber auch gerne eine Frischhaltedose mitbringen.