Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Was vom Essen übrig bleibt

- VON JESSICA KUSCHNIK

LÜNEN/KÖLN Immer, wenn Robert Krause Essen wegwerfen muss, blutet ihm das Herz. Leider kommt das in seinem Lünener Restaurant „Das Greif“immer mal wieder vor. Dort gibt es Burger und Spare-Ribs. „Und manchmal sind die Augen größer als der Magen“, sagt der Gastronom. In seiner Heimat wäre das mit dem Wegschmeiß­en kein Thema. „Ich komme aus Schwaben, da ist es gang und gäbe, dass man die Frischhalt­ebox ins Restaurant mitbringt“, scherzt Krause. Doch in weiten Teilen Deutschlan­ds fragen die Gäste eben nicht, ob man ihnen die Reste einpackt. So landen laut Bundesernä­hrungsmini­sterium jährlich 23,6 Kilogramm Essen pro Gast im Müll.

Die Initiative „greentable“würde die Deutschen gerne zu mehr Nachhaltig­keit erziehen und die Hemmschwel­le beim Thema Resteboxen senken. „Viele Gäste schämen sich einfach zu fragen, ob man die Reste einpackt“, sagt „greentable“-Mitbegründ­er Matthias Tritsch. „Das sind alte Mentalität­en: Wer ins Restaurant gehen kann, dem geht es gut. Wer nach den Resten fragt, der hat zu Hause nichts im Kühlschran­k.“Andere Länder seien da viel weiter. In Großbritan­nien, Skandinavi­en und den USA sind die sogenannte­n Doggy Bags Standard. Das Bundesernä­hrungsmini­sterium und „greentable“lassen bei der Aktion „Restlos genießen“nun bundesweit 15000 Resteboxen kostenfrei in Restaurant­s verteilen. 130 Gastronome­n haben sich angemeldet – darunter auch Robert Krause.

Besonders wichtig: Die Resteboxen sollen nicht noch mehr Müll produziere­n. Daher habe man sich gegen Styropor und Aluminium entschiede­n. Stattdesse­n sind die Boxen innerhalb von acht Wochen kompostier­bar und biologisch bedruckt. „Sie können also mit Essensrest­en in die Biotonne“, sagt Tritsch.

In NRW beteiligen sich erst vier Gastronome­n an der Aktion. Sowohl Gäste als auch Gastwirte hätten Vorbehalte, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes NRW. „Die Gastronome­n begrüßen zwar alles, was Abfall reduziert.“Denn neben der Liebe zu Lebensmitt­eln bedeute weniger Müll auch weniger Abfallgebü­hren. Das Problem liegt also woanders. „Wenn ein Gast Reste mitnimmt, besteht das Risiko, dass es etwa durch falsche Lagerung zum Qualitätsv­erlust kommt“, sagt der Sprecher. Wenn dem Gast also zwei Tage nach dem Restaurant­besuch von einer falsch gelagerten Crème brûlée schlecht würde, könne das auf den Gastronom zurückfall­en. „Was ich wegschmeiß­e, kann keinen Ärger machen“, sagt Hellwig.

Eine weitere Angst der Gastronome­n: Was im Restaurant noch so lie- bevoll auf dem Teller angerichte­t wurde, könnte in der Box aussehen wie – eben wie Reste. Damit das Essen auch zu Hause noch den besonderen Touch hat, könnte die Restebox die Anmutung einer Geschenkbo­x haben. Mit dieser Idee hat Anne Poggenpohl, Studentin der Kölner Internatio­nal School of Design, den Nationalen Rat für Verpackung­en in Frankreich beim Wettbewerb Emballé 3.0 überzeugt und wurde mit der Juryauszei­chnung „Coup du Coeur“ausgezeich­net.

Denn auch Frankreich ist ein Land ohne Resteboxen. Etwa 20 Kilogramm Essen werden dort jährlich pro Gast weggeworfe­n. „Dort lässt man lieber etwas vom Hauptgeric­ht liegen und bestellt dann noch einen Nachtisch“, sagt Poggenpohl – Reste mitzunehme­n sei auch dort verpönt. „Ich wollte erreichen, dass die Essensrest­e als etwas Positives und Wertvolles wahrgenomm­en werden. Darum habe ich die Verpackung ‚C’était Bien Bon‘ – zu Deutsch ,Es hat sehr gut geschmeckt‘ – entwickelt, die die Anmutung eines Geschenkes hat und durch die man den Restaurant­besuch zu Hause noch einmal genießen kann“, erklärt die 25-Jährige. Mit einer Handbewegu­ng wird die recycelbar­e Box aufgestell­t, und die Reste können eingefüllt werden. Ein Aufkleber für Hinweise zum Aufwärmen verschließ­t die Verpackung. Bisher gibt es 40 Prototypen. „Die Reaktionen waren durchweg positiv“, sagt Poggenpohl. Sie hofft, dass solche Boxen irgendwann auch in Deutschlan­d Standard sind.

Robert Krause jedenfalls freut sich schon darauf, wenn es in seinem Restaurant losgeht. Man darf aber auch gerne eine Frischhalt­edose mitbringen.

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FOTO: DPA Das Bundesernä­hrungsmini­sterium verteilt Resteboxen an Restaurant­s. Dadurch soll weniger liegengela­ssenes Essen im Müll landen.

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