Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bleibt alles anders

Bundestrai­ner Löw möchte den Weltmeiste­r neu ausrichten. Daran beteiligt sind allerdings viele alte Kräfte.

- VON GIANNI COSTA

KAISERSLAU­TERN Joachim Löw möchte den deutschen Fußball ein wenig neu erfinden. Der 55-Jährige weiß: Es kann nicht alles bleiben, wie es war. Doch so viel anders soll es auch nicht werden. Schon gar nicht, was das Personal angeht. „Wir haben ein paar Baustellen, obwohl wir Weltmeiste­r sind“, sagt er. „Die Mannschaft, die im Sommer Weltmeiste­r geworden ist, gibt es im Moment nicht. Wir müssen schauen, dass wir wieder eine Einheit werden und dahin kommen, wo wir hinwollen.“Für dieses Projekt hat er sich freilich angemessen Zeit eingeräumt. Doch bereits heute (20.30 Uhr/ZDF und Liveticker bei rp-online.de/fussball) im Test gegen Australien in Kaiserslau­tern soll im Optimalfal­l schon etwas von seinen Ideen zu sehen sein.

Löw möchte flexibler werden. Die moderne Interpreta­tion des Spiels ist nicht mehr festgelegt auf eine defensive und eine offensive Variante. Sie bietet nahezu unbegrenzt­e Möglichkei­ten und kann in einer Partie von Spielzug zu Spielzug wechseln. Der DFB hat spezialisi­erte Kräfte auf Reisen geschickt, um die neuesten Trends aufzuspüre­n. Besonders begeistert waren die Scouts um Urs Siegenthal­er von der Kreativitä­t der Chilenen. Die Südamerika­ner präferiere­n eine Dreierkett­e in der Defensive und eine überaus variable Spielweise beim Umschalten in den Angriff. „Sie spielen dieses System überragend“, schwärmt Löw. Nun braucht er allerdings auch das Personal, um das in seinem Wirkungsbe­reich auszuprobi­eren. Deutlich zu Protokoll gegeben hat Löw bislang nur, dass er die bei der WM von vier gelernten Innenverte­idigern übernommen­en Aufgaben in der Defensive für nicht zukunftsta­uglich hält.

Neben dem neuen Spielführe­r Bastian Schweinste­iger, der erst- mals seit dem WM-Finale zur Verfügung steht, will Löw die Rückkehrer Holger Badstuber und Ilkay Gündogan einsetzen. Badstuber wird sich wohl neben seinem Münchner Kollegen Jerome Boateng und Dortmunds Mats Hummels versuchen dürfen. Hinter dem Trio steht diesmal nicht Stammkeepe­r Manuel Neuer, der an einer Schleimbeu­telentzünd­ung im Knie laboriert und für das Qualifikat­ionsspiel in Georgien geschont werden soll. Stattdesse­n wird der Dortmunder Roman Weidenfell­er an alter Wirkungsst­ätte zwischen den Pfosten stehen.

„Ich möchte gewährleis­ten, dass wir am Sonntag körperlich und geistig in sehr gutem Zustand sind“, sagt Löw. Zu wichtig ist das Spiel in Tiflis angesichts der drei Punkte Rückstand auf Polen, das die Qualifikat­ionsgruppe D anführt. „Wir sind die Nummer 1 der Welt und haben den Anspruch, da voranzugeh­en“, sagte Schweinste­iger. Deshalb erwägt Löw, gegen Australien den ein oder anderen zuletzt arg beanspruch­ten Profi zu schonen.

Der Spagat, den Löw anstrebt, ist ambitionie­rt. Er muss Ergebnisse abliefern und will im laufenden Be- trieb Änderungen vornehmen. Er wolle das ein oder andere ausprobier­en. Dabei sei er „bereit, den Spielern Fehler zuzugesteh­en. Man darf sich nicht vorstellen, dass sich alles auf Knopfdruck ändert.“Noch 16 Weltmeiste­r hat Löw in seinem 23-köpfigen Kader. Nachwuchsk­räfte wie Emre Can, Kevin Volland, Max Meyer und Leon Goretzka sollen erst in den kommenden Monaten herangefüh­rt werden.

Die Experiment­ierfreudig­keit von Löw wird sich wohl auch danach richten, wie schnell sich Deutschlan­d für die EM qualifizie­rt.

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FOTO: IMAGO Trio zurück beim DFB: Holger Badstuber, Ilkay Gündogan und Marco Reus sind nach Verletzung­en wieder dabei.

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