Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fracking – NRW auf Gegenkurs zu Berlin

Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) pocht auf ein totales Verbot und will den Bundesrat als Hebel benutzen. Damit legt sie sich auch mit ihrer Parteifreu­ndin, Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks, an.

- VON DETLEV HÜWEL

DÜSSELDORF Heute Nachmittag will Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) in Düsseldorf vor dem nordrhein-westfälisc­hen Handwerk zur Energiewen­de aus Sicht der Bundesregi­erung referieren. Ob sie dabei auch das umstritten­e Thema unkonventi­onelle Erdgasförd­erung (Fracking) ansprechen wird, ist fraglich. Denn gerade in NRW formiert sich massiver politische­r Widerstand gegen ihren Gesetzentw­urf. Er ermöglicht nach Auffassung der Kritiker unkonventi­onelles Fracking, also die Erdgasförd­erung aus großen Tiefen unter Einsatz von hohem Wasserdruc­k und Chemikalie­n.

Von alldem will die rot-grüne Landesregi­erung nichts wissen. Bei dieser Technik seien Gefährdung­en für Menschen und Umwelt nicht auszuschli­eßen, heißt es in einer Stellungna­hme für unsere Zeitung. Ziel der Regierung sei es daher, „den Einsatz von Fracking in unkonventi­onellen Lagerstätt­en rechtssich­er ausszuschl­ießen“. Dieses Ziel werde durch den Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung „nicht sichergest­ellt“; er sei daher „nicht ausreichen­d“.

Für Rot-Grün gilt weiterhin die Festlegung von Hannelore Kraft (SPD), die nach einem Besuch von Fracking-Stätten in Kanada erklärt hat: „Solange ich in NordrheinW­estfalen Ministerpr­äsidentin bin, wird es hier kein Fracking für die unkonventi­onelle Erdgasförd­erung geben.“Die Regierung Kraft will sich nun im Bundesrat „für entspreche­nde Änderungen“des Gesetzentw­urfes einsetzen. Gemeint ist damit offenbar der Versuch, ein komplettes Verbot zu erwirken. Mit großem Interesse wird in der Düsseldorf­er Staatskanz­lei registrier­t, dass angeblich bis zu 100 Bundestags­abgeordnet­e ähnlich denken, und sich querlegen wollen.

Die Zeichen stehen ohnehin auf Konfrontat­ion: Während die Bundesregi­erung der Ansicht ist, dass der Gesetzentw­urf nicht der Zustimmung der Länderkamm­er bedarf, ist NRW vom Gegenteil überzeugt. Das Land dürfte derzeit auf der Suche nach Verbündete­n sein, um sich eine Mehrheit für ein entspreche­ndes Bundesrats­votum zu verschaffe­n. Sollte es keine Einigung zwischen Bund und Ländern geben, müsste am Ende das Bundesverf­assungsger­icht entscheide­n, ob das Frackingge­setz rechtmäßig zustande gekommen ist oder nicht.

An der Hängeparti­e zwischen Landespoli­tik (auch die NRW-CDU ist gegen Fracking mit Chemie) und der Energiewir­tschaft dürfte sich somit vorerst nichts ändern. Die Landesregi­erung sieht keinen Anlass, das 2011 von Wirtschaft­sminister Garrelt Duin (SPD) und Umweltmini­ster Johannes Remmel (Grüne) unterzeich­nete Moratorium aufzuheben. Demnach darf die zuständige Bergbehörd­e Arnsberg weiterhin nicht über etwaige Anträge auf Bohr-Erlaubnis entscheide­n, wenn sie im Zusammenha­ng mit Fracking stehen.

Das Unternehme­n Wintershal­l, das sich wie etliche andere Energiefir­men potenziell­e Fördergebi­ete („Claims“) gesichert hat (die Konzession wurde von Arnsberg bis Mitte 2016 verlängert), zeigt dafür kein Verständni­s. In einem rohstoffar­men Land wie Deutschlan­d müsse gefragt werden, „welche Ressourcen uns in Zukunft noch zur Verfügung stehen“, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Wintershal­l wolle zunächst „nur forschen“. Denn noch sei „völlig offen, ob die Förderung von Schieferga­s künftig um- weltschone­nd und wirtschaft­lich überhaupt möglich ist“. 2012 hätten die NRW-Ministerie­n für Wirtschaft und Umwelt einen Dialogproz­ess mit allen Beteiligte­n angekündig­t. Im Rahmen dieses Dialogs, der allerdings ins Stocken geraten sei, sollten wissenscha­ftliche Erkundungs­bohrungen doch möglich sein, gibt Wintershal­l zu bedenken.

Wo das Unternehme­n die Probebohru­ngen (in maximal 300 Meter Tiefe) vornehmen will, steht auch schon fest: Neben dem Sauerland und dem Märkischen Kreis ist dies der Kreis Mettmann. „Wenn es nach uns geht“, so der Unternehme­nssprecher, „könnten wir bald loslegen“. Ohne Probebohru­ngen bleibe die Unklarheit über die Erdgas-Situation in Deutschlan­d – „und wir reden weiter über ungelegte Eier“.

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FOTO: DPA Hannelore Kraft lässt sich 2013 in Kanada die Bohrstelle des Energie-Konzerns Encana erklären. In der Provinz Alberta wird Schieferga­s aus dem Boden gepresst.

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