Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Recht, nicht Rache – auch für Middelhoff

- VON ANTJE HÖNING

Nein, Mitleid kann Thomas Middelhoff nicht erwarten. Der frühere Top-Manager hat Arcandor in die Pleite geführt, er hat sich im Warenhaus-Konzern bis zum bitteren Ende wie ein König aufgeführt, während Verkäuferi­nnen ihre Jobs verloren. Und noch im Untreue-Prozess gegen ihn war er uneinsicht­ig: Typen wie ihn steckt man nicht in den Knast! Tat das Landgerich­t aber doch – und das war richtig. Weniger überzeugen­d war, was folgte. Die Vollzugsan­stalt hat Middelhoff offenbar 26 Tage lang engmaschig betreut und alle 15 Minuten kontrollie­rt – auch nachts. Es ist zwar übertriebe­n, wie seine Anwälte von „Guantanamo-Methoden“zu sprechen. Doch eine als Fürsorglic­hkeit getarnte Schikane kann man in dem krank machenden Schlafentz­ug durchaus sehen.

Die Fälle Graf, Hoeneß, Middelhoff zeigen, dass die deutsche Justiz keinen Promi-Bonus (mehr) kennt. Das ist gut für das Gerechtigk­eitsempfin­den. Doch die Justiz muss aufpassen, dass sie das Kind nicht mit dem Bade ausschütte­t und prominente Häftlinge besonders hart rannimmt. Auch einen Promi-Malus darf es nicht geben. Die Aussetzung des Haftbefehl­s ist nachvollzi­ehbar. An Schuld und Strafe des tief gefallenen Stars ändert das ohnehin nichts.

BERICHT THOMAS MIDDELHOFF KOMMT FREI, TITELSEITE

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