Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eine Wunschlist­e vor dem Lebensende

Mit der Aktion „Bevor ich sterbe, möchte ich ...“will der ambulante Hospizdien­st im Diakonisch­en Werk die Menschen dazu anregen, sich Gedanken über ihre Endlichkei­t zu machen. Anlass ist die bundesweit­e „Woche für das Leben“.

- VON SUSANNE GENATH

NEUSS Hermann Gröhe überlegt ein wenig. Dann vervollstä­ndigt der Bundesgesu­ndheitsmin­ister aus Neuss mit Kreide einen Satz. „Bevor ich sterbe, möchte ich noch lange das Leben mit meiner Familie genießen!“, ist anschließe­nd auf der Schieferta­fel zu lesen.

Zur gerade laufenden bundesweit­en „Woche für das Leben“der evangelisc­hen und katholisch­en Kirche in Deutschlan­d regt der ambulante Hospiz- und Palliativb­eratungsdi­enst im Diakonisch­en Werk Neuss die Menschen dazu an, sich mit dem Thema Sterben auseinande­rzusetzen. Von heute bis Donnerstag stellt er jeweils von 10 bis 16 Uhr vier Tafeln auf dem Marktplatz vor dem Rathaus auf, auf denen in sieben Sprachen steht: „Bevor ich sterbe, möchte ich …“Passanten sind eingeladen, diesen Satz zu vervollstä­ndigen. Ehrenamtli­che des ambulanten Hospizdien­stes werden als Ansprechpa­rtner vor Ort sein.

„Wir wollen mit dieser Aktion an die eigene Endlichkei­t erinnern“, erklärt Cornelia Steiner, die beim Diakonisch­en Werk den Hospizdien­st koordinier­t. „Man sollte jeden Tag als Geschenk betrachten und ihn so gestalten, dass man abends zufrieden zu Bett gehen kann. Denn das Leben kann nicht wiederholt werden.“Dies erfahren die rund 25 ehrenamtli­chen Mitarbeite­r des Hospizdien­stes immer wieder. Sie begleiten schwerstkr­anke Menschen zu Hause oder in Seniorenhe­imen.

Die Aktion stammt aus Amerika. Im Jahr 2011 hatte dort eine trauernde Frau eine solche Wand mit dem gleichbede­utenden englischen Satz „Before I die I want to ...“aufgestell­t und mittlerwei­le Nachahmer in 60 Ländern gefunden. „Es kann jeder ergänzen, was ihm wichtig ist“, sagt Steiner. Woanders hätten Passanten zum Beispiel „Oma werden“, „den Jakobsweg gehen“und „Frieden in der Ukraine“als Wünsche aufgeschri­eben.

„Wir weichen der Auseinande­rsetzung mit der eigenen Endlichkei­t oft aus und werden am Lebensende plötzlich mit Fragen konfrontie­rt, über die wir besser schon vorher im Kreise der Familie gesprochen hätten“, sagt Hermann Gröhe. Der CDU-Politiker begrüßt die Aktion deshalb. „Es ist ein sehr lebensbeja­hender Ansatz, sich über das Ge- danken zu machen, was man noch unbedingt erleben möchte.“Gröhe wird auf dem evangelisc­hen Kirchentag in Stuttgart auch an einer Podiumsdis­kussion zum Thema „Ich wünsch’ mir Sterben ohne Leiden – Selbstbest­immung und Solidaritä­t“teilnehmen.

Ein drängendes Thema, wie Cornelia Steiner weiß. „Die Palliativv­ersorgung in Altenheime­n muss verbessert werden“, sagt sie. „Zwischen dem Sterben in einem Heim und einem stationäre­n Hospiz liegen Welten.“Und der ambulante Hospizdien­st des Diakonisch­en Werkes – neben ihm gibt es noch den Dienst „Cor Unum“der Augustiner­innen in Neuss – könne nicht überall helfen. „Jedem ehrenamtli­chen Helfer wird eine Familie oder Person zugeordnet“, erklärt Steiner. Eine solche Begleitung dauere insbesonde­re in Altenheime­n oft ein Jahr. „Wir suchen deshalb dringend weitere Ehrenamtli­che für den Hospizdien­st.“

Gröhe selbst hat sich schon Gedanken über sein Lebensende gemacht. „Ich habe eine Vorsorgevo­llmacht und einen Organspend­eausweis“, berichtet er.

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NGZ-FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe vervollstä­ndigt im Beisein von Cornelia Steiner vom ambulanten Hospizdien­st im Diakonisch­en Werk als erster den Satz „Bevor ich sterbe, möchte ich ...“Die Tafeln stehen ab heute auf dem Marktplatz vor dem Neusser...

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