Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Havel lockt mit Blumen und Birnen
Die Bundesgartenschau findet in diesem Jahr an fünf Orten gleichzeitig statt – im Havelland in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Viel zu entdecken gibt es in der Region sowieso. Ein Streifzug.
RIBBECK Malerisch scharen sich die wenigen Häuser um die Kirche von Ribbeck, dem wohl bekanntesten Dorf im Havelland. Theodor Fontanes legendärer Reim auf den Ribbeckschen Birnbaum lernten Generationen von Schulkindern auswendig. So bescherte die Birne dem Ort eine anhaltende Blütezeit, nicht nur im April. Eigentlich dreht sich in Ribbeck das ganze Jahr alles um die
„Der Marienberg wird zum Weinberg, wie vor
mals im Mittelalter“
Rainer Berger
Buga-Chefgärtner
Birne. „Wir haben 200 Rezepte für Birnentorten, wie die mit Schokolade und Pfeffer“, erzählt Marina Wesche vom „Alten Waschhaus Ribbeck“. Das mit historischer Unterwäsche und allerlei Waschgerätschaften aus vergangenen Zeiten dekorierte Lokal befindet sich direkt neben der Dorfkirche, davor wächst der Nachfolger des berühmten Birnbaums.
Früchte wachsen im fruchtbaren Havelland überall. In Brandenburg an der Havel wird anlässlich der Bundesgartenschau (Buga) sogar wieder Wein kultiviert. „Der Marienberg im Zentrum der Domstadt mutiert somit erneut zum Weinberg, wie vormals im Mittelalter“, erklärt der Buga-Chefgärtner Rainer Berger. Und mit der spätmittelalterlichen St.-Johannis-Ruine ganz aus Backstein bildet erstmals eine Kirche die Kulisse für die Blumenschauen. Zu sehen sind unter dem Motto „Von Dom zu Dom – Das blaue Band der Havel“mehr als 50Hektar Parkanlagen, 50 Themengärten und 32 wechselnde Blumenhallenschauen in zwei Kirchen. Insgesamt sollen rund eine Million blühende Pflanzen präsentiert werden.
Die Kirchen beteiligen sich zudem unter anderem mit dem Projekt „Kirchenwege im Havelland“. Es verbindet auf einer fast 600 Kilo- meter langen Strecke 85 Kirchen. Zudem gibt es ein Versammlungskirchenschiff und in den kommenden Monaten insgesamt 885 Mittagsandachten an den fünf BugaStandorten – Brandenburg an der Havel, Premnitz, Rathenow, Amt Rhinow/Stölln und die Hansestadt Havelberg in Sachsen-Anhalt.
Wasser ist das verbindende Element im Havelland. Der flache, feuchte Landstrich voller Biotope zieht viele Vögel an. Im Naturpark Westhavelland am Gülper See verfolgt Rangerin Sabine Clausner mit dem Fernglas einen Seeadler am Himmel. Der See lockt Ornithologen an. Ein Radweg führt durch das Naturschutzgebiet. „Für die BugaRoute haben wir landschaftlich be- sonders schöne Strecken durch Felder und Auen, entlang Flussläufen und Seen ausgeschildert“, erklärt Katja Richarz von der Buga-Fahrradstation. Insgesamt durchziehen über 300 Kilometer Radwege die Havelregion. Vorbei an Storchennestern radeln die Besucher durch verträumte Dörfer wie Ketzür am Beetzsee mit seiner Windmühle aus Holz und der Dorfkirche aus dem 13. Jahrhundert.
Der märkische Gutsgarten von Schloss Klessen nordöstlich von Rathenow bietet ein Kontrastprogramm zu den Buga-Parks. In jahrelanger Gestaltungsarbeit hat Sabine Thiedig mit Bäumen, Hecken, Blumen und Kräutern ein harmonisches Gartenensemble geschaffen, abgestimmt auf die symmetrische Form des klassizistischen Herrenhauses, in dem Gäste übernachten können. „Ich bin stark von der englischen Gartenkultur beeinflusst“, verrät die Gutsbesitzerin. Auf diese Weise kam es zu einer Verschmelzung von märkischer und englischer Gartentradition. Die nördlichste Station der Gartenschau ist die Hansestadt Havelberg in Sachsen-Anhalt – denn die Buga findet in diesem Jahr in zwei Bundesländern statt. Die Altstadt liegt auf einer Havelinsel, den Dom zieren noch die Originalfenster aus dem Mittelalter. Der Bau aus dem 12. Jahrhundert thront hoch über der Stadt – und bietet einen weitreichenden Blick über das grüne Havelland.