Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Geld für Beamte erst später?

Die rot-grüne NRW-Regierung sperrt sich offenbar nicht gegen eine Übernahme der Tarifabsch­lüsse, will aber angeblich die Erhöhung der Beamtenbez­üge zum 1. September aufschiebe­n.

- VON DETLEV HÜWEL

DÜSSELDORF Nach dem ersten Spitzentre­ffen von Landesregi­erung und Gewerkscha­ften zeichnet sich ab, dass für die Anpassung der Bezüge von Beamten und Pensionäre­n die Tarifabsch­lüsse gelten sollen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung will Rot-Grün jedoch die Aufstockun­g deutlich hinauszöge­rn, um Geld zu sparen. Die Erhöhung soll daher erst zum 1. September erfolgen. Das wären sechs Monate später als im Tarifberei­ch. Vermutlich steckt aber darin noch Verhandlun­gspotenzia­l. Die Angestellt­en bekommen in diesem Jahr rückwirken­d zum 1. März monatlich 2,1 Prozent mehr Gehalt und ab dem 1. März 2016 weitere 2,3 Prozent, mindestens aber 75 Euro.

Die DGB-Gewerkscha­ften fordern, dass die Tarifergeb­nisse „zeitund inhaltsgle­ich, also eins zu eins“, auf die Beamten und Pensionäre übertragen werden. Für Abweichung­en gebe es keinen Spielraum, betonte die Gewerkscha­ft der Polizei. Der Deutsche Beamtenbun­d (DBB) spricht dagegen von einer „strukturel­len Anpassung“, was im- merhin Raum ließe für eine zeitliche Verschiebu­ng.

Offenbar will die Landesregi­erung nicht nur für 2015 und 2016 eine Besoldungs­regelung, sondern auch für das Wahljahr 2017. NRWFinanzm­inister Norbert Walter-Borjans (SPD) machte gestern jedoch keine Angaben zur Verhandlun­gslinie des Landes. Das dreistündi­ge Gespräch, so der Minister, sei konstrukti­v verlaufen und soll am Mittwoch fortgesetz­t werden. Es gebe gute Chancen für eine Einigung. „Wenn sich beide Seiten bewusst sind, dass wir zwei Vorgaben einzuhalte­n haben – den konsequent­en Weg zum Haushaltsa­usgleich ohne neue Kredite ab 2020 und eine faire und angemessen­e Besoldung unserer Beamten –, dann gibt es nach meiner Überzeugun­g Einigungsm­öglichkeit­en.“

Vor Beginn des Spitzenges­prächs mit den Gewerkscha­ften, an dem auch Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Vize-Regierungs­chefin Sylvia Löhrmann (Grüne) teilnahmen, hatte der DBB die rotgrüne Regierung davor gewarnt, die Pensionäre schlechter zu behandeln als die aktiven Beamten. „Das würden wir nicht mitmachen“, sagte DBB-Landeschef Roland Staude unserer Zeitung. Nach Ansicht des nordrhein-westfälisc­hen CDU-Vorsitzend­en Armin Laschet wäre eine Abkoppelun­g der Landesbeam­ten von der allgemeine­n Einkommens­entwicklun­g „unfair“. Infrage komme nur eine Übernahme der Tarifergeb­nisse „eins zu eins“. Dagegen sagte Hannelore Kraft: „Einen solchen Automatism­us sehe ich nicht.“

Vor zwei Jahren hatte sich RotGrün massiv mit den Beamten angelegt. Für die Besoldungs­gruppen ab A13 wurden zwei Nullrunden (für 2013 und 2014) beschlosse­n. Nachdem der Verfassung­sgerichtsh­of (VGH) im Mai vergangene­n Jahres diese Regelung als verfassung­swidrig verworfen hatte, musste die Regierung von Hannelore Kraft nachbesser­n. Die Ministerpr­äsidentin hatte dabei betont, dass der VGH für künftige Beamtenrun­den Spielräume aufgezeigt habe.

In dem VGH-Urteil heißt es, dass „eine lineare Übernahme von Tarifabsch­lüssen ebenso wenig geboten“sei wie eine völlige Gleichbeha­ndlung aller Besoldungs­gruppen oder der Bezüge der aktiven Beamten und der Pensionäre. Angeblich sollen die Grünen darauf gedrängt haben, bereits in diesem Jahr den Pensionäre­n eine geringere Erhöhung zuzugesteh­en als den aktiven Beamten. Über diesen Vorstoß soll es im Kabinett zu heftigen Auseinande­rsetzungen gekommen sein. Gestern machte der Finanzmini­ster deutlich, dass man sich „an dem Tarifabsch­luss orientiere­n“werde.

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