Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Achenbachs Ausverkauf

Wo der inhaftiert­e Kunstberat­er einst Millionäre empfing, wird nun zu Geld gemacht, was noch im Lager seiner Firmen stand.

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

Die Dübellöche­r in den weißen Wänden zeugen von der Größe der Bilder, die einst hier aufgehängt wurden. Großformat­e mussten es sein, die Helge Achenbach in der Industrieh­alle in Heerdt seinen prominente­n Kunden vorstellte. „Er beriet Unternehme­n, die konnten keine kleinen Bilder gebrauchen“, sagt Markus Eisenbeis, der nun dort präsentier­t, was das Achenbachs­che Lager noch herzugeben hat.

Der Kunstberat­er, der zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, weil er unter anderem den Aldi-Erben Berthold Albrecht betrogen haben soll (das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig), war zwar selbst nie Sammler. Aber er hat einen großen Fundus zusammen gekauft, um Firmenkund­en schnell beliefern zu können. Einiges war nur vermietet, anders kam zurück, wenn Firmen beim Renovieren auch ihre Kunst austauscht­en. Den Großteil dessen, was noch da war, als die Achenbach-Unternehme­n nach der Verhaftung ihres Gründers vorigen Sommer Insolvenz anmeldeten, wird Eisenbeis im Juni versteiger­n.

Dass der Kölner Auktionato­r dazu nach Düsseldorf kommt, liegt daran, dass „hier das Herz der Achenbach-Gruppe schlug“. Die Begründung ist für Insolvenzv­erwalter Marc d’Avoine eher untypisch emotional, und er geht schnell zu Zahlen über: Sechs Millionen Euro hofft er mit dem Lagerbesta­nd zu erlösen. Frühestens nächstes Jahr werde er absehen können, wie viel er den Gläubigern zahlen kann. Keinesfall­s werden es wohl 100 Prozent, denn die Forderunge­n, die d’Avoine nicht bestätigt, addieren sich auf um 50 Millionen Euro. Der dickste Brocken darin dürfte die Schadener- satzforder­ung der Familie Albrecht von rund 25 Millionen sein.

Achenbach hatte gestanden, von Berthold Albrecht unberechti­gt Preisaufsc­hläge klassiert zu haben. Auch bei der „Achenbach Art Auction“wird mehr als üblich draufgepac­kt. Zwar rufen die Auktionato­ren die rund 2500 Werke zu zehn Prozent unter Schätzwert auf. Aber die Aufgelder sind wegen steuerrech­tlicher Besonderhe­iten höher als sonst, können bis zu 50 Prozent betragen, wie im Katalog an Beispielen vorgerechn­et wird.

Auch das ist ein Zeichen dafür, dass der Ausverkauf bei Achenbach zwar der Menge wegen als größte Versteiger­ung zeitgenöss­ischer Kunst in Deutschlan­d gelten darf. Aber auch ein Publikum anspre- chen soll, das mit Auktionen sonst weniger zu tun hat. Es sei „für jeden etwas“dabei, wirbt Eisenbeis wie für einen Gemischtwa­renladen, „keine elitäre Veranstalt­ung“. Aber er geht davon aus, am Ende schon „den ein oder anderen sechsstell­igen Betrag zu sehen“.

Eins der edelsten Stücke, die Insolvenzv­erwalter d’Avoine in den Achenbach-Beständen entdeckt hatte und von dem er sich allein eine Million Euro versprach, kommt freilich weder bei Van Ham noch in London auf den Markt. Es sei aus „kunstrecht­lichen Gründen“unverkäufl­ich, hatte d’Avoine im Essener Landgerich­t ausgesagt. Nach Informatio­nen unserer Zeitung soll es sich um eine nicht autorisier­te Skulptur von Juan Munoz handeln.

Auf dem Lagergelän­de an der Heesenstra­ße hatte Achenbach einst auch seine Oldtimer geparkt. Den berühmtest­en, den Bentley von Joseph Beuys, hatte er schon einige Zeit vor seiner Festnahme verkauft, wohl aus akuter Geldnot. Die freien Plätze nutzt nun jemand anders für seine Gebrauchtw­agen, ein abgemeldet­er Ford Orion steht da, und ein alter BMW. Dass hier noch einmal schillernd­e Kunstgesch­äfte abgewickel­t werden, wenn am 17. Juni zum letzten Mal der Hammer gefallen ist – schwer vorstellba­r.

Dabei hatte auch Markus Eisenbeis nicht mehr mit einem Achenbach-Geschäft gerechnet. Vor sechs, acht Jahren, als der Kunstberat­er seinen Firmensitz verlegte, habe er überlegt, im Lager aufzuräu- men. Eisenbeis habe versteiger­n sollen, was Achenbach aussortier­en wollte. Gemeinsam hätten sie damals eine geeignete Location gesucht, erzählt Eisenbeis. Doch aus dieser „Achenbach Art Auction“sei dann nichts geworden.

Jetzt hat es dann doch geklappt. Auktion Vom 17. bis 19. Juni werden rund 2300 Werke in Düsseldorf, Heesenstr. 70, versteiger­t (Vorbesicht­igung 12. bis 16. Juni), rund 150 weitere am 20. Juni bei Van Ham in Köln, Hitzelerst­r. 2 (Vorbes. 12. bis 19. Juni.). Knapp 100 internatio­nal bedeutsame Werke bietet zudem Sotheby’s im Lauf des Jahres in London an. Die VanHam-Auktionen werden im Internet live übertragen, bieten ist auch per Telefon und Internet möglich, ebenso die OnlineBesi­chtigung unter www.van-ham.com.

 ??  ?? Auktionato­r Markus Eisenbeis vor Affen von Jörg Immendorff. Diese Edition soll der Künstler exklusiv für Helge Achenbach geschaffen haben
Auktionato­r Markus Eisenbeis vor Affen von Jörg Immendorff. Diese Edition soll der Künstler exklusiv für Helge Achenbach geschaffen haben
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Insolvenzv­erwalter Marc d’Avoine hofft auf einen hohen Erlös.
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Achenbachs Autobiogra­fie aus 2013 ergänzt die Auktionska­taloge.
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Zwölf Prozent der angebotene­n Werke sind Fotografie­n.

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