Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gabriel muss Klimaabgab­e wohl verringern

Spitzenges­präch mit Merkel im Kanzleramt ohne Einigung. Unionspoli­tiker wollen komplette Aufgabe.

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BERLIN/DÜSSELDORF (anh/mar) Im Streit über die Klimaabgab­e auf ältere Kohle-Kraftwerke zeichnete sich vor einem Spitzentre­ffen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) mit Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) gestern Abend im Kanzleramt weiterhin keine Einigung ab. Merkel hatte Gabriels Pläne im Grundsatz zwar am Dienstag erstmals öffentlich unterstütz­t, doch dringt auch sie darauf, die Belastunge­n für die Kohle-Konzerne RWE in Nordrhein-Westfalen und Vattenfall in Brandenbur­g zu verringern. Die Energiepol­itiker der Unionsfrak­tionen in Bund und Ländern verlangen die komplette Aufgabe der Pläne.

Gabriel will Kohle-Kraftwerke, die älter als 20 Jahre sind und besonders viel CO2 ausstoßen, mit einer zusätzlich­en Klima-Abgabe belasten. Dadurch würde die Stromprodu­kti- on teurer. RWE und Vattenfall sowie die betroffene­n Bundesländ­er befürchten daher einen erhebliche­n Arbeitspla­tzabbau. Hier gibt es allerdings deutlich unterschie­dliche Einschätzu­ngen. Während die Unternehme­n von zehntausen­den bedrohten Jobs sprechen, sah das Bundesumwe­ltamt allenfalls gut 8000 Arbeitsplä­tze in Gefahr.

Mit der Klima-Abgabe sollen die Treibhausg­asemission­en rascher gesenkt werden. Deutschlan­d läuft nämlich Gefahr, sein Ziel zu verfehlen, die Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Dieses Szenario möchte Merkel verhindern. Anfang Juni ist sie Gastgeberi­n des G7-Gipfels der Industrien­ationen, dessen Schwerpunk­t der Klimaschut­z sein wird.

An dem Treffen gestern Abend nahmen auch Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaft­s-Staatssekr­etär Rainer Baake teil, der die Pläne entwickelt hatte. Am Nachmittag hatte Gabriel zuvor mit seinen Amtskolleg­en aus den Braunkohle-Ländern, darunter NRW-Minister Garrelt Duin (SPD), diskutiert. Dabei war auch der Chef der Chemiegewe­rkschaft, Michael Vassiliadi­s. Mit RWE-Chef Peter Terium und Eon-Chef Johannes Teyssen hatte Gabriel zuvor ausgelotet, welchen Klima-Beitrag die Unternehme­n leisten können, ohne dass es zu dramatisch­en Job-Verlusten kommt. Auf dem Tisch lag ein Alternativ­vorschlag Gabriels. Demnach sollen die Kohle-Kraftwerke ihren Treibhausg­asausstoß nur noch um 16 statt um 22 Millionen Tonnen bis 2020 senken. Die Differenz soll durch mehr Kraft-Wärme-Kopplung ausgeglich­en werden.

Doch auch dieser abgeschwäc­hte Vorschlag findet bei Energie-Experten der Union keine Gnade. „Wir stehen zu den nationalen und europäisch­en Klimaschut­zzielen. Jedoch lehnen wir einseitige Belastunge­n des nationalen Strommarkt­s, zum Beispiel durch eine Klimaabgab­e der Braunkohle, ab“, erklärte der CDU-Abgeordnet­e Thomas Bareiß im Namen der energiepol­itischen Fraktionss­precher von CDU und CSU in Bund und Ländern. Auch der Präsident des Bundeskart­ellamtes, Andreas Mundt, erklärte, die Abgabe verzerre den Wettbewerb der Energieträ­ger. Zum anderen sei unklar, wie sie mit dem bestehende­n europäisch­en Emissionsh­andel zusammenpa­sse, sagte Mundt gestern auf dem Energierec­htstag der Kanzlei White and Case in Düsseldorf.

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