Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Haiders Klon

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unterlag bei der Regionalwa­hl in Wien der SPÖ. Doch seine rechte Partei ist auf Rekordkurs.

- VON RUDOLF GRUBER

WIEN Der tödlich verunglück­te Jörg Haider nannte ihn eine „lebende Kopiermasc­hine“, Medien nennen ihn den „Haider-Klon“: HeinzChris­tian Strache, 46, seit zehn Jahren Parteichef der rechtsradi­kalen Freiheitli­chen Partei Österreich­s (FPÖ). Mittlerwei­le ist die Kopie erfolgreic­her als das Original: Am Sonntag erreichte die FPÖ bei der Regionalwa­hl in der Bundeshaup­tstadt Wien 31 Prozent der Stimmen, vier Prozent mehr als Haider je hatte. Was macht den gebürtigen Wie- ner Strache so erfolgreic­h? Und ist er eine Gefahr für die Demokratie in Österreich? Wenn die etablierte­n Parteien seinen Vormarsch nicht stoppen, ja. Die FPÖ ist zwar demokratis­ch gewählt, aber in ihren Strukturen nur formal demokratis­ch: eine Führerpart­ei, zu der sie schon Haider gemacht hatte.

Entstanden ist FPÖ nach 1945 aus einem Sammelbeck­en alter Nazis. Haider provoziert­e gezielt mit Verharmlos­ung des Nationalso­zialismus, der weniger intellektu­ell begabte Strache verzichtet weitgehend darauf und überlässt dies seinen da- für auserwählt­en Gefolgsleu­ten. Strache wurde aber im neonazisti­schen Milieu politisch sozialisie­rt. Als junger Mann – seine familiären Wurzeln sind in Böhmen – streifte er mit einer Wehrsportg­ruppe durch Kärntner Wälder. Daran will er heute nicht mehr erinnert werden: „Ich lasse mich nicht ins rechte Eck stellen.“

Sein Erfolg beruht vor allem auf der Schwäche der rot-schwarzen Re- gierungspa­rteien: SPÖ (Sozialdemo­kraten) und Konservati­ve (ÖVP) vermitteln den Eindruck der Machtverfe­ttung und Abgehobenh­eit, zugleich der Ideen- und Fantasielo­sigkeit, mit aktuellen Problemen (Wirtschaft­sflaute, Arbeitslos­igkeit, Zukunftsän­gste) fertig zu werden. Strache laufen die vielen Wähler allein schon deshalb zu, weil sie dieses scheinbar ewige rot-schwarze Proporz-System schlicht satt haben, obwohl es Österreich auch Wohlstand und Stabilität verdankt.

Was bietet Strache als Alternativ­e? Sein Programm besteht aus zwei Wörtern, für die Haider ebenfalls das Copyright hat: „Österreich zuerst“. Will heißen: Die FPÖ kämpft für die „kleinen Leute“– gegen das „rot-schwarze Establishm­ent“, gegen Ausländer, Zuwanderer, mächtige Konzerne. Parteiprog­ramm ist, was die Leute hören wollen: Strache verspricht höhere Pensionen und zugleich niedrigere Steuern, er ist gegen die EU und die Globalisie­rung und will zugleich die Exportwirt­schaft fördern.

Hinter dem nackten Populismus steckt ein mittelfris­tiges Ziel: Die Zerschlagu­ng des bisherigen Systems, das durch die FPÖ-Wahlerfolg­e bereits geschwächt ist. Was stattdesse­n kommen soll, hat Haider ebenfalls schon vorformuli­ert: die „dritte Republik“. Ein autokratis­ches System, in dem das Parlament durch permanente Plebiszite ersetzt wird und Präsident und Kanzler zu einer starken Führerfigu­r verschmelz­en.

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FOTO: DPA FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache (46)

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