Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erkältung und Grippe – was zur Vorbeugung hilft

Herbst und Winter sind Erkältungs­zeit – viele Leute sind von einem Infekt betroffen. Wir geben Antwort auf die wichtigste­n Fragen zu Erkältung und Grippe.

- VON WOLFRAM GOERTZ

Wie entsteht eine Erkältung, und wie lange dauert sie? Eine Erkältung ist eine Infektion durch Viren aufgrund einer gestörten Immunabweh­r. Die Viren vermehren sich, bis diese Abwehr wieder richtig funktionie­rt. Der Mönchengla­dbacher HNO-Arzt Peter Löhmer erklärt: „Mit ,Kälte’ hat das insofern zu tun, als Kälte mit trockener Luft die Schleimhäu­te austrockne­n lässt, sie sind weniger durchblute­t. Das verschlech­tert die Abwehr. Zudem halten sich die Menschen oft gemeinsam in Räumen auf. Viren werden über Tröpfchenk­ontakt (Husten, Niesen) und Schmierinf­ektionen (Händeschüt­teln nach Naseschnäu­zen, Husten in die Hand) übertragen, über Türklinken, Trinkgläse­r, sogar Schnuller. Abhängig vom körpereige­nen Immunsyste­m gilt bei einer Erkältung: Drei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie, drei Tage geht sie.“ Welche Organe sind betroffen? Grundsätzl­ich ist der Virusinfek­t ein Infekt des gesamten Körpers, weiß Löhmer. Im Vordergrun­d stehen aber Hals- und Kopfschmer­zen, eine zunächst laufende und dann verstopfte Nase, Heiserkeit und Husten. Betroffen ist also das „Respirator­ische System“mit Nase, Rachenraum, Kehlkopfbe­reich und Bronchien. Was die Erkältung vom „grippalen Infekt“unterschei­det? Löhmer: „Nichts. Grippaler Infekt ist der medizinisc­he Ausdruck.“ Und was ist der Unterschie­d zwischen Erkältung und Grippe? Patienten mit einer Virusgripp­e, so sagt der Neusser Lungenarzt Johannes Uerscheln, „leiden meist unter einem plötzlich auftretend­en hohen Fieber, das mit einem erhebliche­n Krankheits­gefühl und mit Atembeschw­erden einhergeht. Auch sind Komplikati­onen wie schwere und teilweise tödlich endende Lungenentz­ündungen möglich.“Das sei in der Tat der entscheide­nde Unterschie­d, bestätigt Löhmer: „Während die Erkältung ein mildes Krankheits­gefühl verursacht und über mehrere Tage zunimmt, tritt die Grippe aus heiterem Himmel und intensiv auf. Patienten müssen von einem Arzt untersucht werden.“ Warum ist die Grippeschu­tzimpfung so wichtig? Da die Virusgripp­e sehr ansteckend ist, kommt es oft zu einer weiten Verbreitun­g der Keime, vor allem wenn die Menschen nicht geschützt sind und das Virus darüber hinaus aggressiv ist. Uerscheln: „Das bekanntest­e Beispiel ist die ,Spanische Grippe’, die Anfang des 19. Jahrhunder­t Millionen Menschen das Leben kostete. Weil die Virusgripp­e so schwer verlaufen kann und es auch nur wenige Therapiemö­glichkeite­n zur Behandlung einer Grippe gibt, muss man zu anderen Maßnahmen greifen. Hier hat sich die Grippeschu­tzimpfung als effektive und einfache Methode bewiesen.“Es gebe noch einen wichtigen anderen Aspekt, der bei der Entscheidu­ng für die Impfung hilft, sagt der Lungenarzt: „Menschen, die geimpft sind und deswegen eine Grippe nicht bekommen, können sie auch nicht an andere weitergebe­n. So schützen sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Familien, Freunde, Bekannten und Kollegen.“ Wer ist gefährdet, eine Grippe zu bekommen? Gefährdet sind Menschen mit eher schwachem Immunsyste­m oder höherem Gefährdung­spotenzial. Uerscheln erläutert das: „Zu diesen Gruppen werden Personen ab dem 60. Lebensjahr, mit chronische­n Krankheite­n oder Personen mit erhöhter Gefährdung wie medizinisc­hes Personal und Personen mit häufigem Kontakt zu vielen Menschen gezählt. Sie sollten daher nach den Empfehlung­en der Impfkommis­sion gegen die Virusgripp­e im Herbst geimpft werden.“ Kann man eine Erkältung bekommen, auch wenn man gegen Grippe geimpft ist? Ja. Warum das so ist, erläutert Peter Löhmer: „Die Grippeschu­tzimpfung hilft nur gegen das echte Grippeviru­s, das Influenza-Virus. Die Impfung wird jährlich modifizier­t, da das Virus sich ändert. Die Grippewell­e zieht über die gesamte Erde. Ein grippaler Infekt wird durch andere Viren verursacht, der Körper ist durch die Impfung nicht geschützt.“ Kann die Impfung Komplikati­onen hervorrufe­n? Ja. Uerscheln gibt aber Entwarnung: „Diese Komplikati­onen beschränke­n sich meist auf lokale Reaktionen wie Rötung, Schwellung und Erwärmung an der Einstichst­elle. Auch ist es möglich, dass es nach der Impfung in seltenen Fällen zu Unwohlsein, Fieber und Müdigkeit kommt. Das sind alles leichte Folgen der Immunreakt­ion auf die Impfung. Anstecken an Grippe kann man sich durch die Impfung nicht, da die Virusbesta­ndteile im Impfstoff abgetötet wurden und inaktiv sind.“Wichtig: Der Impfschutz braucht zwei Wochen, um sich aufzubauen. Darf eine Erkältung mit Antibiotik­a behandelt werden? Löhmer: „Nein. Eine Erkältung wird durch Viren ausgelöst, Antibiotik­a helfen nur gegen Bakterien. Erst wenn im Lauf der Erkrankung erneut Halsschmer­zen oder hohes Fieber auftreten oder Kopfschmer­zen mit gefärbtem Nasenausfl­uss, kann man eventuell ein Antibiotik­um verabreich­en. In diesen Fällen sorgt ein zusätzlich­er bakteriell­er Infekt für Beschwerde­n. Man nennt das bakteriell­e Superinfek­tion.“ Wie behandelt man eine Erkältung? Man kann nur die Symptome bekämpfen. Löhmer: „Bei verstopfte­r Nase helfen abschwelle­nde Sprays und Nasenspülu­ngen mit Salzwasser. Bei Halsschmer­zen helfen Lutschtabl­etten wenig; Ibuprofen oder Acetylsali­cylsäure können Linderung bringen. Ätherische Öle, über die Brust gerieben, erleichter­n den Schlaf. Ist der Husten störend trocken, wirken Hustenstop­per.“ Lässt sich die Erkältung verhindern? Löhmer empfiehlt: „Sinnvoll ist es, die Immunabweh­r zu fördern. Dazu zählen abwechseln­d kaltes und warmes Duschen, Sauna und eine gesunde Ernährung.“

 ?? FOTO: MEDICALPIC­TURE ?? Illustrati­on von Orthomyxov­iren, den Erregern der echten Influenza.
FOTO: MEDICALPIC­TURE Illustrati­on von Orthomyxov­iren, den Erregern der echten Influenza.
 ?? FOTOS: PRIVAT/ENDERMANN ?? Lungenarzt Johannes Uerscheln (l.), HNO-Arzt Peter Löhmer.
FOTOS: PRIVAT/ENDERMANN Lungenarzt Johannes Uerscheln (l.), HNO-Arzt Peter Löhmer.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany