Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Selbstbestimmtheit durch Vorsorge
Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung sollen regeln, wer Entscheidungen treffen darf.
Dass Deutschland immer älter wird, ist mittlerweile eine Binsenweisheit: Bis zum Jahr 2060 wird jeder zweite Deutsche mindestens 51 Jahre alt sein. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung, sie ist zwischen 1950 und 2010 bei Männern um fast 13 Jahre (auf 77,2 Jahre), bei Frauen um mehr als 14 Jahre (auf 82,7 Jahre) angewachsen. Und dieses Älterwerden sollte geplant werden, denn mit einem fortschreitenden Lebensalter steigen natürlich auch die Risiken für Erkrankungen und andere Rückschläge.
Zu dieser Planung gehört zum einen die Bestattungsvorsorge. Wer lebzeitig mit einem Bestatter die dereinstige Beisetzung organisiert, erspart den Angehörigen in den Stunden arger Not viel unschönen Aufwand. „Dazu gehört aber auch die Frage nach Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung. Gerade im Alter kann jeder in die Lage kommen, wichtige Fragen nicht mehr selbst beantworten zu können. Das Betreuungsrecht regelt, wer die Entscheidungen trifft, wenn eigenverantwortliches Handeln nicht mehr möglich ist – und wahrt dennoch das Selbstbestimmungsrecht“, sagt Arnold Detlev Schmitz, Rechtsanwalt bei Banerjee & Kollegen in Mönchengladbach. Der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf – bis zu seiner Pensionierung 2013 war Schmitz mehr als 20 Jahre dort in verschiedenen Senaten tätig – berät Mandanten regelmäßig bei allen Fragen rund um Vorsorge und Nachlass.
„Rechtzeitige Vorsorge macht eine selbstbestimmte Lebensführung möglich – und zwar auch in den Situationen, in denen man seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Wer sich frühzeitig um die entsprechenden Verfügungen und Vollmachten kümmert, sichert sich selbst ab. Und er nimmt den Angehörigen bisweilen äußerst schwierigen Entscheidungen ab, etwa die, ob lebensverlängernde Maßnahmen durchgeführt werden sollen oder eben nicht.“Das sollte aber laut dem erfahrenen Juristen nicht im Hauruck-Verfahren geschehen, sondern mit allen Beteiligten diskutiert werden. Auch die Einbindung eines versier-
Arnold Detlev Schmitz ten Rechtsanwalts – ähnlich wie bei der Testamentsgestaltung – könne Sinn ergeben, um alle Dokumente und Formulierungen rechts- und anfechtungssicher zu gestalten.
Mit der Vorsorgevollmacht wird einer anderen Person die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten für den Fall übertragen, dass man die Fähigkeit zur Selbstentscheidung einbüßt. „Der Bevollmächtigte kann dann auf allen Ebenen für den Betroffenen handeln, ohne dass es weitere Entscheidungen, Maßnahmen oder Instanzen nötig sind. Deshalb schafft die Vorsorgevollmacht natürlich eine hohe Eigenverantwortlichkeit, da selbst bestimmt wird, wer in der entsprechenden Situation die Entscheidungen treffen soll. Andererseits muss dies aber auch gut überlegt sein, denn nicht jeder, den man vielleicht in einem ersten Schritt ins Auge fasst, eignet sich für diese Rolle“, führt Arnold Detlev Schmitz aus. Er weist aber auch auf die Möglichkeit hin, einen Kontrollbevollmächtigten einzusetzen. Dieser wahre die Rechte des Betroffenen gegenüber dem Willen des Bevollmächtigen, etwa bei Vermögensangelegenheiten.
Die Betreuungsverfügung dient dazu, eine Person als Betreuer einzusetzen und inhaltliche Vorgaben zu machen, auf welche Weise beispielsweise im Pflegefall die Betreuung organisiert werden soll bezie-
„Vorsorge macht selbstbestimmtes
Leben möglich“
hungsweise welche Wünsche und Vorstellungen dabei generell eine Rolle spielen sollen, erläutert Schmitz. „Die Verfügung kann auch Menschen als Betreuer ausschließen. Sie dient dem Gericht zur Kontrolle, ob der Betreuer seine Aufgaben im Sinne des Ausstellers wahrnimmt. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht hat der Betreuer aber nur einen sehr regulierten Zugang zu den Finanzen etc. und kann kaum darüber entscheiden.“
In der gesetzlich verankerten Patientenverfügung wiederum werden medizinische Maß- nahmen festgelegt beziehungsweise ausgeschlossen. „Wer nicht möchte, dass andere über die medizinische Behandlung entscheiden, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, kann in der Patientenverfügung für konkret beschriebene Krankheitszuständen definieren, ob bestimmte medizinische Maßnahmen gewünscht oder eben nicht gewünscht sind. Das bezieht sich regelmäßig auf lebenserhaltende beziehungsweise lebensverlängernde Maßnahmen“, erläutert Arnold Detlev Schmitz.
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