Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Düsseldorf spurtet für die Tour de France

Oberbürger­meister Thomas Geisel will den Prolog des Radsportsp­ektakels nach Düsseldorf holen. In Kürze soll ein Gutachten vorgelegt werden, das den Millionena­ufwand rechtferti­gt.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Die Unternehme­nsberater von Deloitte sind Experten in der Kosten-/ Nutzenanal­yse des Leistungss­ports. Die Stadtspitz­e will von den Fachleuten möglichst schnell wissen, was das Gastspiel der Tour de France in Düsseldorf der Stadt bringen könnte. Denn die Bewerbung um den „Grand Départ“der Tour ist mit dem Einsatz mehrerer Millionen Euro verbunden. Allein vier Millionen Euro sind für Lizenzgebü­hren fällig, hinzu kommen Marketingm­aßnahmen sowie Umbauund Absperrmaß­nahmen im Stadtgebie­t. Schon zum Ende dieser oder nächste Woche soll das Gutachten vorgestell­t werden, ist aus dem Umfeld des Rathauses zu hören.

Düsseldorf will sich eigentlich um den Tourstart 2018 bewerben. Wegen des Rückzugs von London hat Tour-Direktor Christian Prudhomme bei Oberbürger­meister Thomas Geisel angefragt, ob die Landeshaup­tstadt nicht ein Jahr früher ins Rennen gehen wolle. Diesen Herbst wird entschiede­n. Dabei reicht für einen Zuschlag bloße Begeisteru­ng oder die Lust aufs Marketing nicht aus. Die Bewerberst­ädte müssen zeigen, dass sie nachhaltig etwas für den Radrennspo­rt und das Fahrradfah­ren tun wollen. Das stößt nicht nur bei den Organisato­ren des Radrennens rund um die Kö auf offene Ohren, auch der radaffine Verkehrsde­zernent Stephan Keller soll neue Ideen zur Förderung des Radverkehr­s in Düsseldorf einbringen.

Tatsächlic­h ist das Gastspiel der Tour de France begehrt. Neben Düsseldorf haben auch Münster und Mannheim Interesse angemeldet. Utrecht, das dieses Jahr den Prolog (sechs Kilometer durch die Stadt) und die erste Etappe ausrichtet­e, hatte sich zwölf Mal hintereina­nder beworben, bevor es mit dem Zuschlag klappte. Die niederländ­ische Stadt bilanziert­e trotz teils schlechten Wetters mehr als eine Million Besucher. Die fast 200 Fahrer und ihre 22 Teams belegten mindestens 2500 Hotelzimme­r. Für mehr als 600 Medien kamen 2000 Journalist­en nach Utrecht. Übertragen wurde der Grand Départ nach Angaben der Stadt in fast 200 Länder.

Die Bank ING berechnete für Utrecht Effekte in Höhe von 34 Millio-

In den letzten Jahren war Düsseldorf gut im Abschaffen. Ski-Cup am Rheinufer weg, DTM auf der Kö gestoppt. Aber so, wie es richtig ist, Dinge auslaufen zu lassen, so suchen Städte mit Ambitionen nach neuen Events. Düsseldorf ist eine solche Stadt. Auf Wachstumsk­urs, wirtschaft­lich attraktiv. Events sind nötig, um internatio­nal wahrgenomm­en zu werden. Der ESC gehörte in diese Kategorie, auch wenn sich Düsseldorf dabei zu bieder präsentier­te. Die Tour de France ist hinter Fußball-EM/-WM sowie Olympische­n Spielen eines der größten Sportereig­nisse der Welt. Man wird den Prolog und Grand Départ kleinmäkel­n können, aber erst einmal gilt: Das Spektakel ist attraktiv und eine Bewerbung wert. Warten wir ab, welches (Sponsoren-)Konzept die Stadtspitz­e vorlegt.

uwe-jens.ruhnau nen Euro. Die Stadt bilanziert­e Gesamtkost­en von 16 Millionen Euro, darunter die Gebühren für den Veranstalt­er, Kosten für Sicherheit und Strecke (3 Mio.) sowie Organisati­on (8 Mio.). Die Hälfte der Kosten übernahmen Sponsoren. Sechs Millionen Euro zahlte die Stadt, 2,5 Millionen Bund und Provinz. Als Düsseldorf 2008 eine Bewerbung für 2010 diskutiert­e, wurden 5,9 Millionen Euro Zuschuss ermittelt – der damalige Oberbürger­meister Dirk Elbers wollte keinesfall­s mehr als sechs Millionen etatisiere­n. Als die Tour in den Dopingsump­f fuhr, stoppte Elbers die Bewerbung.

Aus dem schlimmste­n Schlamasse­l ist das Radspektak­el heraus, die TV-Präsenz nimmt auch wieder zu. Aber wie attraktiv wäre die Tour de

Oberbürger­meister Thomas Geisel hat einen Sparkurs verordnet und angekündig­t, jede Ausgabe auf den Prüfstand zu stellen. Dazu passt es nicht, nun vier Millionen Euro für ein flüchtiges Event auszugeben, über dessen Nutzen für die Stadt man sowieso trefflich streiten kann.

Schonander­eVorzeige-Ereignisse wie der Eurovision Song Contest oder der Bambi haben Düsseldorf wenig fürs Geld gebracht. Und die Tour de France ist eben nicht mehr der Wettbewerb der umjubelten Radhelden, der sie früher war, sondern zumindest in Deutschlan­d ein Randereign­is mit einem äußerst schmuddeli­gen Image. Wenn die Politik etwas für den Sport in Düsseldorf tun will, sollte sie das Geld lieber in Bäder oder Sportplätz­e stecken.

@rheinische-post.de

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arne.lieb France für Düsseldorf? Die Parteien im Rathaus hat Geisel noch nicht intensiv eingebunde­n. Der AmpelPartn­er FDP ist kritisch. Fraktionsc­hefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagt, Düsseldorf sollte den Event nur durchführe­n, wenn man Geld dafür bekomme. Opposition­sführer Rüdiger Gutt (CDU) argumentie­rt ähnlich, das Spektakel passe wegen der Haushaltss­ituation nicht in die Zeit. SPD-Fraktionsc­hef Markus Raub hofft auf eine Finanzieru­ng allein durch Sponsoren, sein Amtskolleg­e von den Grünen, Norbert Czerwinski, meint auch, deswegen dürfe man nicht auf einen einzigen Kita-Bau verzichten. Die Linke will einen Antrag einbringen, der sicherstel­lt, dass kein städtische­s Geld dafür ausgegeben wird.

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FOTO: IMAGO In Utrecht fanden dieses Jahr am 4. Juli der Prolog und ein Einzelzeit­fahren der Tour de France statt, hier Alberto Contador auf der Zielgerade­n des Einzelzeit­fahrens.
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