Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadtwerke wollen gegen Kohle-Deal vorgehen

Fünf Blöcke werden allein im rheinische­n Revier vom Netz genommen. Wochenlang hatten Wirtschaft­sministeri­um und EU-Kommission um die Ausgestalt­ung des Abkommens gerungen. Am Ende könnte es vor Gericht entschiede­n werden.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Bei RWE ist man zufrieden. Der Versuch des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums, massenhaft Braunkohle-Blöcke abzuschalt­en, ist gescheiter­t. Nun müssen nur fünf Blöcke von RWE (sowie drei von Vattenfall und Mibrag) vom Netz, und Geld gibt es obendrein. 1,6 Milliarden Euro muss der Stromkunde für die Überführun­g der Kraftwerke in die Reserve zahlen, davon dürften mindestens 800 Millionen auf RWE entfallen. Geld, das der angeschlag­ene Konzern gut gebrauchen kann. Kann der Deal noch kippen? Ja. Wochenlang hat das Ministeriu­m mit der EU-Kommission um die Ausgestalt­ung des Deals gerungen. Denn für die EU sind nur solche Beihilfen zulässig, die auch für andere Länder und andere Technologi­en offen sind. Entspreche­nd will man nun die Einwände von Konkurrent­en prüfen. Viele Stadtwerke sehen nicht ein, dass ausgerechn­et die Braunkohle Milliarden bekommt, obwohl sie beim Thema Energiewen­de oft fortschrit­tlicher sind. Der Stadtwerke-Verbund Trianel (Aachen) prüft mit anderen Stadtwerke­n wie München, gegen die Reserve vorzugehen. Trianel will eine Beteiligun­g am EU-Verfahren („Notifizier­ungsverfah­ren“) prüfen. Am Ende dieses Verfahrens kann eine Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f stehen. Wie ist die Region betroffen? RWE nimmt im rheinische­n Revier fünf Blöcke mit je 300 Megawatt vom Netz. „Die Sicherheit­sbereitsch­aft beginnt für die Blöcke P und Q in Frimmersdo­rf am 1.10.2017, für die Blöcke E und F in Niederauße­m am 1.10.2018 sowie für den Block C in Neurath am 1.10.2019“, teilte der Konzern mit. Nach Ablauf von jeweils vier Jahren sollen die Anlagen dann endgültig stillgeleg­t werden.

Der Staat hatte nur das Ziel vorgegeben. Welche Blöcke herunterfa­hren, durften die Betreiber maßgeblich entscheide­n. „Wir haben bei der Auswahl alle Aspekte abgewogen. Wichtig war uns die Sicherung der Zukunftsfä­higkeit der verbleiben­den Blöcke, Standorte und Tagebaue“, sagte Matthias Hartung, Chef der RWE-Kraftwerke. Ein Aus für Weisweiler etwa hätte das Aus für den Tagebau Inden bedeutet. Folgen für die Mitarbeite­r? Bereits vor Monaten hatte Hartung gesagt, dass bis zu 1000 Stellen wegfallen könnten. Dies bestätigte gestern eine Sprecherin. In den nächsten Wochen wollen nun Betriebsra­t und Konzern die Details aushandeln. Der Wandel solle für die Mitarbeite­r möglichst sozial gestaltet werden, versprach Hartung. Darauf pocht auch die Gewerkscha­ft IG BCE: „Entscheide­nd ist, dass der Abbau ohne Entlassung­en gestaltet wird. Wir erwarten, dass das Prinzip der Sozialvert­räglichkei­t nirgends in Frage gestellt wird. Niemand fällt ins Bergfreie“, sagte IG BCE-Chef Michael Vassiliadi­s. Zugleich begrüßte er die Einigung, die auf Druck seiner Gewerkscha­ft entstan- den ist. „Mit den konkreten Verabredun­gen geht die Zeit der Unsicherhe­it für die Beschäftig­ten und die Unternehme­n zu Ende.“ Folgen für den Klimaschut­z? Bis 2020 soll der Ausstoß an Kohlendiox­id (CO2) um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken, hatte Kanzlerin Angela Merkel versproche­n. Doch weil der Strom weiter zu einem Viertel aus Braunkohle stammt, drohte Deutschlan­d das Ziel zu verfehlen. Damit Merkel aber beim Klimagipfe­l im Dezember in Paris Fortschrit­te präsentier­en kann, kam es zum Klima-Deal. Die Stilllegun­g der Braunkohle-Blöcke soll den CO2Ausstoß um 12,5 Millionen Tonnen senken. Der Verband BUND sprach von wenig Klimaschut­z für viel Geld

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FOTO: DPA Ein Bagger fördert im Tagebau Inden bei Düren. Ein Aus des Braunkohle­kraftwerks Weisweiler (Hintergrun­d) hätte auch das Aus von Inden bedeutet.

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