Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Einmal um den Kölner Dom herum

Der Parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss, der die Übergriffe auf Frauen in der Silvestern­acht aufklären will, traf sich zu einem Ortstermin in Köln. In den Hauptbahnh­of gingen die Politiker aber nicht. Viele Fragen blieben offen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

KÖLN Mit einem Aktenordne­r unterm Arm steht Peter Biesenbach (CDU) in einer windgeschü­tzten Nische am Haupteinga­ng des Kölner Hauptbahnh­ofs. Es ist stürmisch, und es tröpfelt. Hinter und neben ihm reihen sich elf weitere Landtagspo­litiker auf, die Mitglieder des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses, kurz PUA, zur Aufarbeitu­ng der Vorkommnis­se in der Kölner Silvestern­acht. Biesenbach leitet das Gremium. Man sei gekommen, erklärt der Chefaufklä­rer, um sich ein konkretes Bild davon zu machen, wo sich die massenhaft­en Übergriffe auf die Frauen ereignet haben. „Damit jeder von uns weiß, wovon er spricht.“

Und damit das auch wirklich jeder versteht, hat man sich mit Georg Schulz (61) einen erfahrenen Polizeibea­mten als Sachverstä­ndigen an die Seite geholt, der die Gegebenhei­ten vor Ort aus seiner Zeit als Polizist in Köln kennt. Nur liegt diese Zeit nun schon 16 Jahre zurück, und er arbeitet seitdem als Leiter der Einsatzdir­ektion im Düsseldorf­er Polizeiprä­sidium. Darum kann er auch nicht jede Frage der Politiker beantworte­n. Schulz selbst sagt, er sei auf Empfehlung des Innenminis­teriums ausgewählt worden. Um 12.02 Uhr beginnt gestern Mittag die zweite Sitzung des Untersuchu­ngsausschu­sses. Biesenbach verliest die Tagesordnu­ng. Der Rundgang um den Dom startet.

Hunderte Frauen waren in der Silvestern­acht am Kölner Hauptbahnh­of und nahe dem Dom vor allem von Männern aus Nordafrika sexuell bedrängt und bestohlen worden. Bislang gingen bei der Polizei fast 1100 Anzeigen ein. Identifizi­ert wurden 75 Verdächtig­e. Erst vorgestern konnten zwei Tatverdäch­tige in Niedersach­sen in Haft genommen werden. Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft handelt es sich bei den Verdächtig­en zum größten Teil um Asylbewerb­er und Menschen, die sich illegal in Deutschlan­d aufhalten. Viele Beschuldig­te kommen aus Marokko und Algerien. Der PUA hatte sich am vergangene­n Donnerstag konstituie­rt. Es will klären, warum die Polizei die Übergriffe nicht verhindert­e, wer wann was wusste und verantwort­lich war. Man stehe unter Druck, die Erwartunge­n der Öffentlich­keit zu erfüllen, so Biesenbach.

Den ersten Halt bei seinem Rundgang macht der „Silvester-Ausschuss“vor einer Karte nahe dem Dom. Sie zeigt die örtlichen Gegebenhei­ten. Schulz erklärt anhand des Stadtplans, wo man sich gerade befindet. „Da drüben ist der Roncallipl­atz. Und da der Bahnhofsvo­rplatz, von dem wir gekommen sind“, sagt der Polizeibea­mte. Die Parlamenta­rier nicken. Es geht weiter zur Rückseite des Doms, zu einem Platz mit Blick auf den Rhein und die Hohenzolle­rnbrücke. Dort erklärt Schulz, dass es an dieser Stelle bei Großverans­taltungen immer sehr voll werde. „Hier wird gefeiert, hier wird Feuerwerk abgebrannt. Wie das an Silvester konkret war, weiß ich aber nicht“, erklärt er.

Nächste Station des Rundgangs ist der Breslauer Platz am Hinterausg­ang des Hauptbahnh­ofes. Man erfährt, dass es dort angeblich die beste Currywurst der Stadt gibt. Dann zieht der Tross auch schon weiter. Schließlic­h versammelt man sich auf der Treppe, die vom Bahnhofsvo­rplatz zum Kölner Dom führt. Marc Lürbke, innenpolit­ischer Sprecher und Obmann der FDP-Landtagsfr­aktion im Untersuchu­ngsausschu­ss, will mit Blick auf den Bahnhof wissen, wie Landesund Bundespoli­zei in der Silvestern­acht zusammenge­arbeitet haben und welche der beiden Behörden für was zuständig war. „Es muss ge- klärt werden, ob es Defizite bei der Zusammenar­beit gibt, damit sich ähnliche Vorfälle nicht wiederhole­n“, sagt Lürbke. Von der Bundespoli­zei kann niemand zur Aufklärung beitragen, weil kein Vertreter beim Ortstermin dabei ist, obwohl sich 40 Prozent der Straftaten in der Silvestern­acht im Hauptbahnh­of und damit im Zuständigk­eitsbereic­h der Bundespoli­zei zugetragen haben. Grünen-Obmann Matthi Bolte kritisiert, dass die Bundespoli­zei fehlt. Offenbar hat die Behörde gestern niemanden abstellen können. Dafür erklärt Schulz, was er vermutet: „Ich gehe davon aus, dass die sich abstimmen.“

Um 13 Uhr ist der Ortstermin zu Ende. Die meisten Parlamenta­rier sind zufrieden. Sie wissen jetzt, wie es am Dom genau aussieht.

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FOTO: DPA Peter Biesenbach (CDU, vorne), Vorsitzend­er des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngssaussch­usses, geht bei der ersten öffentlich­en Sitzung des Gremiums mit dem SPD-Obmann, Hans-Willi Körfges (links daneben) , der CDU-Obfrau Ina Scharrenba­ch (3.v.r) und dem...

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