Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

DFB ermittelt gegen Schmidt und Völler

Nach dem Eklat beim Spiel gegen Borussia Dortmund drohen den Verantwort­lichen von Bayer Leverkusen Konsequenz­en.

- VON STEFANIE SANDMEIER

LEVERKUSEN Roger Schmidts Stimme klang wieder wie immer. Sein Auftritt nach dem Spiel: im Prinzip nicht anders als sonst. Leverkusen­s Trainer hatte seine Emotionen wieder im Griff, als er sich mühte, zu retten, was noch zu retten war. Schmidt versuchte, den Schaden zu begrenzen, den er im Topspiel gegen Borussia Dortmund angerichte­t hatte. „Ich habe einen Fehler gemacht“, sagte er. Und: „Es tut mit leid für die Mannschaft.“

Nie zuvor in der Bundesliga hat es ein Trainer gewagt, sich den Anweisunge­n des Schiedsric­hters zu widersetze­n. Das Besondere ist, dass Schmidt mit der Entscheidu­ng und der Art der Übermittlu­ng nicht einverstan­den war. Seine trotzige Weigerung, den Platz nach Aufforderu­ng zu verlassen und sein despektier­liches Verhalten, das sogar eine Spielunter­brechung verursacht­e, haben den Trainer und nicht zuletzt Bayer 04 in ein schlechtes Licht gerückt. Über die Folgen wird nun der Kontrollau­sschuss des Deutschen Fußball-Bundes entscheide­n.

Der leitete ein Ermittlung­sverfahren ein und bat um eine Stellungna­hme. Eine Anklage vor dem DFBSportge­richt gilt als wahrschein­lich. Ebenso wie eine Sperre, die dann sicher berücksich­tigt, dass Schmidt nicht zum ersten Mal auffiel. Vor etwa einem Jahr wurde er beim Auswärtssp­iel in Bremen nach unsportlic­hen Äußerungen am Spielfeldr­and auf die Tribüne verwiesen und anschließe­nd mit einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro belegt.

Diesmal drohen schwerwieg­endere Konsequenz­en. Das Team wird womöglich in wichtigen Spielen auf seinen Coach verzichten müssen. In dem Fall müsste Assistent Markus Krösche am Sonntag in Mainz übernehmen. Die Causa Schmidt ist ein Präzedenzf­all. Prognosen hinsicht- lich des Strafmaßes sind daher spekulativ. Mit einem Urteil ist Mitte der Woche zu rechnen. „Ich werde die Strafe, wenn sie im Maße ist, auch so akzeptiere­n“, sagte Schmidt gegenüber Sky.

Ungemach droht auch Rudi Völler, der seinen Trainer demonstrat­iv in Schutz nahm und vielmehr seine Wut am Schiedsric­hter entlud. Der DFB eröffnete gegen ihn ebenfalls ein Ermittlung­sverfahren, weil er mit Unterstell­ungen in Richtung Felix Zwayer übers Ziel hinausscho­ss. Er hatte ihn nach dem Spiel in einem TV-Interview scharf angegriffe­n und ihm vorgeworfe­n, die Leverkusen­er nach der Unterbrech­ung gezielt benachteil­igt zu haben („Er hat sich ja revanchier­t. Deshalb hat er ja auch den Elfmeter nicht gepfiffen.“). Genau wie Schmidt, ist Völler zu einer Stellungna­hme aufgeforde­rt. Danach wird entschiede­n, ob auch sein Fall verhandelt wird.

Wer Schmidts Ausführung­en genauer zuhörte, merkte, wie schwer es ihm gefallen sein muss, SchuldEing­eständniss­e zu machen. Es klang jedenfalls eher halbgar, als er zugab, „der Mannschaft geschadet zu haben“. Denn das – so hörte man heraus – bezog er mehr auf den Schiedsric­hter, bei dem er ebenfalls einen Zusammenha­ng zum nicht gegebenen Handelfmet­er herstellte („sonst hätten wir wahrschein­lich unentschie­den gespielt“), als auf sich. Aber Selbstkrit­ik gehörte bislang nicht zu den Stärken des Fußballleh­rers. Kritik an seinem System empfindet er mitunter als persönlich­e Beleidigun­g, mit der Meinung anderer tut er sich schwer.

Als Spieler kam der Sauerlände­r Schmidt nur bis zur Regionalli­ga. Mit seiner Idee vom Fußball hat er es als Trainer in die Bundesliga geschafft. Über Preußen Münster und den SC Paderborn ging es nach Salzburg, wo er 2014 österreich­ischer Meister und Pokalsiege­r wurde.

Schmidt sorgte mit seiner Auffassung vom offensiven, überfallar­tigen und riskanten Fußball in Leverkusen für eine Veränderun­g. Anfangs löste er damit Begeisteru­ng aus. Die hat sich inzwischen etwas gelegt. Schmidts Ansehen hat sich (auch aufgrund solcher Fehltritte) gewandelt – und gelitten. Geschäftsf­ührer Michael Schade wollte gestern zu den Vorfällen nichts sagen. „Wenn es etwas gibt vom DFB, werden wir uns äußern.“

Herbert Fandel sprach von einem „Tiefpunkt einer leider erheblich negativen Entwicklun­g“. Der Vorsitzend­e der Schiedsric­hter-Kommission fordert in einer DFB-Mitteilung rasche Konsequenz­en. „Es müssen Verhaltens­änderungen her, dringend.“Und: „Alle Akteure im Fußball müssen dahin wirken, dass der Profifußba­ll seiner Vorbildrol­le wieder mehr gerecht wird. Sonst zerstören wir unsere Fußballkul­tur.“

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