Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Morricone spielt das Lied vom Tod

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

KÖLN Als die Mundharmon­ika ertönt und sich ihr Klang in alle Ohren schneidet, geht ein Raunen durch die Kölner Arena. Das berühmte Thema „Der Mann mit der Mundharmon­ika“kennt natürlich jeder der rund 8000 Besucher. Man muss kurz innehalten und ergründen, was mehr beeindruck­t: Die schiere Präsenz von über 100 Chorsänger­n und Musikern des Tschechisc­hen Nationalen Symphonieo­rchesters und des ungarische­n Kodály Chors. Oder dass man ihnen einen ordentlich­en Sound gezaubert hat auf der Anlage, über die sonst Popmusik tönt. Dass ein 87-Jähriger seine eigene legendäre Filmmusik für ein Werk dirigiert, das in Deutschlan­d „Spiel mir das Lied vom Tod“heißt: Ennio Morricone, der für über 500 Filme komponiert hat.

Seit 60 Jahren ist der Mann aktiv – und macht nicht den Eindruck, am Ende angekommen zu sein. Mit zwei Stücken aus dem TarantinoF­ilm „The Hateful 8“präsentier­t er sich zur Eröffnung der zweiten Hälf- te dieses 29 Stücke langen Abends auf der Höhe der Zeit. Celli und Bässe spielen präzise ein unheilvoll­es Stakkato. Es klingt, als hätte Morricone das berühmte Motiv aus „Psycho“tiefer gelegt, mit noch mehr Drängen und Dräuen versehen.

Man muss „The Hateful 8“nicht gesehen haben, um bei dieser Musik zu ahnen, wie böse er endet. So ist das immer bei Morricone: Seine Kompositio­nen, die meist von einem einzigen, starken, wiederer- kennbaren Motiv getragen werden, eröffnen Räume. Sie lassen ohne Leinwand große Bilder entstehen. Sie charakteri­sieren Menschen besser, als man das mit Worten könnte. Deshalb mussten Sergio Leones Westernhel­den nicht viel reden.

„Chi Mai“aus „Der Profi“, das Hauptthema aus „The Good, the Bad and the Ugly“– immer wieder lässt sich das Publikum zu Standing Ovations hinreißen für eine lebende Legende.

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