Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt zahlt 796.200 Euro Unterhalt

Wenn Vater oder Mutter nach der Trennung den Mindestunt­erhalt für das Kind nicht leisten kann oder will, springt die Stadt ein. Die Unterhalts­vorschüsse für Alleinerzi­ehende steigen, häufig bleibt die Verwaltung auf den Kosten sitzen.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Die Trennung der Eltern ist nicht nur für die Familie und vor allem für den Nachwuchs eine Belastung, sondern zunehmend auch für die Kasse der Stadt Grevenbroi­ch. Die muss nämlich in immer größerem Umfang für Elternteil­e zahlen, die den Mindestunt­erhalt fürs Kind nach der Trennung nicht zahlen. 2013 musste die Stadt dafür 734.900 Euro bereitstel­len, 2015 waren es bereits 796.200 Euro. Einen Teil der Kosten erhält die Kommune zwar von Bund und Land zurück oder kann ihn sich vom Unterhalts­pflichtige­n wiederhole­n. Doch unter dem Strich blieben 2015 348.700 Euro an Kosten bei der Stadt hängen. 2013 waren es lediglich 316.700 Euro. „In den kommenden Jahren rechnen wir mit einer weiteren Steigerung“, erklärt Heike Engels, stellvertr­etende Leiterin des Sozialfach­bereichs.

In den meisten Fällen ist es der Vater, der den Mindestunt­erhalt nicht zahlt – weil er es nicht kann oder nicht will. Die Zahl der unterstütz­ten Kinder ist in den vergangene­n Jahren von 420 am 31. Dezember 2013 auf 407 an Silvester 2015 gesunken, „Gestiegen sind jedoch die Leistungen fürs Kind“, erklärt Heike Engels den Anstieg. Betrug der Mindestunt­erhalt nach der sogenannte­n Düsseldorf­er Tabelle für ein Kind bis fünf Jahren – bei bis zu 1500 Euro Nettoeinko­mmen des Zahlungspf­lichtigen – 2015 317 Euro, werden seit Januar dafür 335 Euro berechnet. Heike Engels beobachtet aber auch eine andere Tendenz: „Immer mehr können den Mindestunt­erhalt nicht zahlen. Früher hatten wir mehr Fälle, in denen etwa der Vater nicht zahlen wollte, obwohl er finanziell dazu in der Lage war“, so Engels. Kommt er der Aufforderu­ng der Stadt nicht nach, können Unterhalts­ansprüche per Gerichtsbe­schluss festgesetz­t werden. Doch es gibt zunehmend El- ternteile, die zu solchen Beträgen gar nicht in der Lage sind. „Wer Mindestloh­n bezieht, kann davon keinen Unterhalt des Kindes bestreiten“, so Engels. „In vielen Familien reichte das Geld vor der Trennung gerade so aus, danach nicht mehr – etwa weil zwei Wohnungen zu bezahlen sind“, erläutert Engels.

Ein Rechenbeis­piel: Ein unterhalts­pflichtige­r Vater mit zwei Kindern verdient 1200 Euro netto im Monat. 1.080 darf er davon für sich behalten, die restlichen 120 Euro reichen aber für den Unterhalt der Kleinen bei der Mutter nicht aus. Die öffentlich­e Hand zahlt – das Kindergeld wird dabei laut Heike Engels angerechne­t – je Kind 85 Euro Vorschuss, und bleibt auf diesen Kosten sitzen. Gerade mal 16 Prozent der Vorschüsse kann die Kommune wieder vom Partner des Alleinerzi­ehenden hereinhole­n, im vergangene­n Jahr waren das insgesamt 128.000 Euro.

Einbußen müssen in nicht wenigen Fällen aber auch Alleinerzi­ehende, die nicht Hartz IV beziehen, hinnehmen. Wenn der Ex-Partner nicht zahlen kann, gibt es wegen der Berechnung­smodalität­en beim Kindergeld gegenüber dem Unterhalts­anspruch beim Unterhalts­vorschuss 95 Euro weniger.

Ein weiteres Problem: Den Vorschuss zahlt die Stadt höchstens 72 Monate lang – und auf jeden Fall nur, bis das Kind zwölf Jahre alt ist. Alleinerzi­ehende, die keine HartzIV-Leistungen bekommen und ältere Kinder haben, gehen dann leer aus. „Wir raten Betroffene­n, den Unterhalts­anspruch gegenüber dem früheren Partner, wenn er nach der Trennung nicht zahlt, einzuklage­n“, sagt Heike Engels.

 ?? ARCHIV-FOTO: FRANK LEONHARDT/GMS ?? Eine glückliche Familie – doch nach einer Trennung gibt es oftmals Probleme. Häufig muss die Stadt finanziell bei Alleinerze­ihenden einspringe­n, weil der unterhalts­pflichtige Ex-Partner nicht zahlt.
ARCHIV-FOTO: FRANK LEONHARDT/GMS Eine glückliche Familie – doch nach einer Trennung gibt es oftmals Probleme. Häufig muss die Stadt finanziell bei Alleinerze­ihenden einspringe­n, weil der unterhalts­pflichtige Ex-Partner nicht zahlt.

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