Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Anti-Korruption­sgipfel in London

- VON JOCHEN WITTMANN

LONDON Das Teilnehmer­feld beim gestrigen Anti-Korruption­sgipfel begeistert­e den britischen Premier David Cameron. „Da kommen die Staatschef­s einiger fantastisc­h korrupter Staaten“, frohlockte er. Nigeria, Afghanista­n – das seien die korruptest­en Länder der Welt.

So hört man Politiker öffentlich selten sprechen. Im Fall Cameron war es Zufall – die Mikrofone waren bereits eingeschal­tet, was dieser aber nicht gemerkt hatte. Gestern, beim eigentlich­en Gipfel, gab sich der Politiker diplomatis­cher.

Man wolle mit gutem Beispiel vorangehen, verkündete der Premier. Er will ein einzigarti­ges Register einführen, das ausländisc­he Firmen zwingt, ihren Besitz in England und Wales offenzuleg­en und die Namen der tatsächlic­hen Eigentümer anzugeben. Damit würde Offshore-Unternehme­n die Möglichkei­t genommen, Besitzverh­ältnisse durch Briefkaste­nfirmen zu verschleie­rn.

„Wir wissen“, so Cameron, „dass einige hochwertig­e Häuser, besonders in London, von Ausländern über anonyme Strohfirme­n mit geraubtem oder gewaschene­m Geld gekauft wurden.“Rund 100.000 Immobilien in England, davon etwa 44.000 in London, fallen darunter. „Wir werden unseren Immobilien­markt aufräumen“, versprach der Premier.

Am Gipfel nahmen Vertreter von über 40 Ländern und Nichtregie­rungsorgan­isationen teil. Aus Deutschlan­d war Justizmini­ster Heiko Maas angereist, der sich für höhere Strafen aussprach.

Wie schwerwieg­end das Problem von Korruption und Geldwäsche ist, verdeutlic­ht ein Bericht des Internatio­nalen Währungsfo­nds. Danach kostet die Korruption weltweit zwischen 1,3 und 1,75 Billionen Euro und schwächt die globale Wirtschaft­skraft um rund zwei Prozent. Korruption, argumentie­rte Premiermin­ister Cameron, zerstöre Jobs, verschlimm­ere die Armut, führe zu Steuerfluc­ht und zu geringeren Staatsausg­aben.

Kritiker werfen ihm vor, dass er noch sehr viel mehr tun könne. Immerhin steht ein Drittel aller weltweiten Steueroase­n unter britischer Aufsicht.

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