Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bayer prüft Monsanto-Übernahme
Doch auch BASF soll die Fühler nach dem umstrittenen US-Konzern ausgestreckt haben, der für seinen Genmais bekannt ist. In einem Bieterwettkampf um den 40-Milliarden-Deal hätte Bayer aber Vorteile.
LEVERKUSEN Die Übernahmewelle in der Chemiebranche rollt seit Monaten, nun will offenbar auch Bayer kräftig mitmischen. Der Dax-Konzern prüfe ein Angebot für den amerikanischen Saatgut-Riesen Monsanto, berichtet die Agentur Bloomberg. Bayer habe intern und auch mit Beratern die Möglichkeiten für einen solchen Schritt ausgelotet. Monsanto ist einer der umstrittensten Konzerne der Branche: Er ist Marktführer bei der Entwicklung von Genpflanzen wie Genmais und stellt den umkämpften Unkrautvernichter Glyphosat her. Ein BayerSprecher sagte dazu nur: „Zu Marktgerüchten äußern wir uns grundsätzlich nicht.“
Die Anleger reagierten dennoch – und zwar heftig: Die Aktie von Monsanto schnellte zeitweise um 16 Prozent in die Höhe, die von Bayer fiel um fünf Prozent und zog damit den Dax wieder unter die Marke von 10.000 Punkten. Der Deal wäre ein gewaltiger Kraftakt für Bayer: Monsanto wird mit 40 Milliarden Dollar bewertet. Doch der wertvollste deutsche Konzern hat schon manchen Megadeal erfolgreich gestemmt – wie die Übernahme von Schering für 17 Milliarden Euro oder die Sparte „Rezeptfreie Arzneien“von Merck für zehn Milliarden. Und mit 17 Milliarden Euro hat Bayer nur etwas mehr als halb so viele Schulden wie zum Beispiel Eon.
Zudem lässt Bayer offenbar auch alternativen Formen der Zusammenarbeit mit Monsanto prüfen: So könnte der Konzern seine Pflanzenschutzsparte Crop Science bei Monsanto einbringen und dann Zug um Zug die Mehrheit übernehmen, oder Crop Science und Monsanto bündeln ihre Aktivitäten in einem Gemeinschaftsunternehmen. In Monheim, wo Bayer Crop Science seinen Sitz hat und wovon aus weltweit 22.000 Mitarbeiter geführt werden, ist man jedenfalls schon sehr aufmerksam. Bei Covestro auch: Die Aktie der Kunststoff-Tochter von Bayer fiel gestern um 3,4 Prozent. Am Markt wurde spekuliert, dass der Mutterkonzern Bayer, der noch 64 Prozent an Covestro hält, rasch seine restlichen Anteile verkaufen könnte, um die Übernahme von Monsanto stemmen zu können.
Doch Bayer ist nicht der einzige deutsche Konzern, der seine Fühler nach Monsanto ausgestreckt hat. Auch der größte deutsche Chemiekonzern BASF bereitet ein Angebot vor, wie die US-Website Streetinsider berichtet. BASF hatte schon versucht, den Schweizer Pflanzenschutz-Konzern Syngenta zu übernehmen, war aber vom chinesischen Konzern Chemchina abgehängt worden.
Mit Fusionen wollen die Agrarchemie-Konzerne dem wachsenden Wettbewerbsdruck entkommen: Der Weltmarkt leidet an der Flaute in den Schwellenländern, zugleich steigen die Entwicklungs- kosten neuer (oft gentechnisch veränderter) Produkte.
In einem Bieterwettkampf Bayer gegen BASF um Monsanto hätten die Ludwigshafener gleich zwei Nachteile: Ihr Agrarchemie-Geschäft ist kleiner als das von Bayer. Zudem ist BASF viel zögerlicher, manche sagen auch: ängstlicher und umständlicher als Bayer und hat vergleichbare Megadeals noch nicht gewagt. Entsprechend, und das wiederum wäre ein Vorteil, hat BASF aber auch weniger Schulden und damit größeren finanziellen Spielraum für eine Übernahme. Folglich verlor die Aktie des Ludwigshafener Konzerns gestern auch „nur“zwei Prozent.
Für Werner Baumann, der seit Mai den Bayer-Konzern führt, wäre das ein Paukenschlag zum Einstand. Ausdrücklich hat er betont, dass Crop Science zum Kerngeschäft von Bayer gehöre und man sich stets nach Wachstumsmöglichkeiten umsehe. Sein Vorgänger Marijn Dekkers hat die Kunststoffsparte abgespalten und die Pharmasparte groß gemacht. Da wäre es naheliegend, nun das dritte große Feld, eben Crop Science, zu bestellen. Baumann hatte zwar erklärt, mit ihm gebe es keine Revolution, sondern nur Evolution. Doch das hatte Dekkers auch gesagt – und den Konzern radikal umgebaut. Zudem ist Baumann im Thema:om Himmel fallen: Der Krefelder war zuvor Strategievorstand von Bayer und dürfte hier die Weichen für eine eindrucksvolle Amtszeit gelegt haben. Mit Liam Condon als Chef von Crop Science hat er zudem einen dynamischen Manager an seiner Seite.
Egal, wie es kommt: Die Mitarbeiter von Bayer Crop Science müssen sich vorerst keine Sorgen machen. Im Bayer-Reich gilt auch unter Baumann ein umfassender Kündigungsschutz bis zum Jahr 2020.