Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So teuer war Spargel lange nicht mehr

Vor Pfingsten gehen die Preise zwar runter, aber für die gesamte Saison rechnen die Experten mit Rekordprei­sen. Fast alles, was die Deutschen verzehren, kommt aus dem heimischen Anbau. Und es ist fast immer der weiße Spargel.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Beim Spargel hat das Preisbewus­stsein des Deutschen seine Grenzen. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass er beim Spargelver­zehr traditione­ll nicht nur einfacher Konsument ist, sondern auch Genießer, und für Genuss gibt man auch gern mal einen Euro mehr aus. Das heißt anno 2016 unter dem Strich: Ausgaben in einer Höhe wie lange nicht mehr. Jedenfalls glaubt das Michael Koch, Marktexper­te bei der Bonner Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft. Von einem Zehnjahres­hoch ist die Rede, nachdem das Kilo im vergangene­n Jahr durchschni­ttlich 6,70 Euro gekostet hat. Im April und Anfang Mai hat der Kilopreis zeitweise bei mehr als acht Euro im Durchschni­tt gelegen, deutlich hö- Jochen Winkhoff her als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Für ein abschließe­ndes Urteil ist es aber noch zu früh, weil die Spargelsai­son erst im kommenden Monat endet.

Ein gewichtige­r Grund für den Preisansti­eg, den die Experten beobachten, ist der Mindestloh­n. „Die Lohnkosten machen in der Landwirtsc­haft immer noch 50 Prozent der gesamten Kosten aus“, sagt der Diplom-Ingenieur Jochen Winkhoff von der Bundesfach­gruppe Gemüsebau im Zentralver­band Gartenbau und im Deutschen Bauernverb­and. Den rund 100.000 Erntehel- fern in Deutschlan­d mussten ihre Arbeitgebe­r im vergangene­n Jahr 7,40/7,20 Euro (alte/neue Bundesländ­er) zahlen. In diesem Jahr sind es acht respektive 7,90 Euro, ab dem kommenden Jahr gelten einheitlic­h 8,50 Euro. An der Stelle deutet also nichts auf eine deutliche Verbilligu­ng von Spargel hin.

Rechtzeiti­g vor Pfingsten, wenn sich so manche Familie zum Spargeless­en zusammenfi­ndet, wird’s in diesem Jahr allerdings wieder ein bisschen preiswerte­r. Das liegt auch am zuletzt besseren Wetter. Im April hatte das vergleichs­weise schlechte Wetter noch dafür gesorgt, dass die Ernte vorübergeh­end geringer ausfiel. Das Angebot schrumpfte entspreche­nd, und bei gleichblei­bender oder steigender Nachfrage lautet die einfache betriebswi­rtschaftli­che Logik auch beim Spargel: Die Preise steigen.

Dem Deutschen scheint das relativ egal zu sein: Rund 1,3 Kilo Spargel hat jeder Bürger im Schnitt 2014 gegessen, im vergangene­n Jahr war es kaum weniger. Und der deutsche Verbrauche­r bedient sich vorwiegend bei heimischen Bauern. Mehr als 80 Prozent des Spargels kommen aus heimischem Anbau. Dessen Anteil am Gesamtverb­rauch ist in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen, und er liegt deutlich hö- her als bei anderen Gemüsesort­en, bei denen der sogenannte Selbstvers­orgungsgra­d im Durchschni­tt nur knapp 40 Prozent beträgt. „Das liegt unter anderem daran, dass genügend motivierte Erntehelfe­r zur Verfügung stehen, und dass die Folientech­nik in den vergangene­n Jahren immer weiter verbessert wurde, so dass wir dadurch mehr geeignete Standorte in Deutschlan­d haben“, sagt Winkhoff.

Die Importe kommen übrigens bevorzugt aus Spanien, das rund ein Drittel aller Einfuhren nach Deutschlan­d stellt. Dahinter folgen Griechenla­nd und die Niederland­e. Aber der Abstand zu den deutschen Produzente­n ist in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen. Und so stieg der Umsatz, den die deutschen Spargelbau­ern im vergangene­n Jahr erzielten, auf mehr als 400 Millionen Euro. Und das fast ausschließ­lich mit weißem Spargel.

Die grüne Variante macht in Deutschlan­d gerade mal 4000 Tonnen der gesamten Ernte aus. Bei den Einfuhren ist sie dagegen deutlich stärker vertreten: Mehr als ein Drittel des importiert­en Spargels ist grün.

„ Lohnkosten machen im Spargelanb­au 50 Prozent der Kosten aus“ Bundesfach­ggruppe Gemüsebau

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