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WM-Held zu verkaufen

Der neue Trainer des FC Bayern München, Carlo Ancelotti, plant nicht mehr mit Mario Götze.

- VON LUKAS KOBER

MÜNCHEN Das Scheitern Mario Götzes beim Rekordmeis­ter FC Bayern München ist Realität. Dem 23-jährigen Nationalsp­ieler blieb es verwehrt, sich im von Stars gespickten Kader der Münchner durchzuset­zen. Laut der „Süddeutsch­en Zeitung“soll der neue Trainer Carlo Ancelotti am Mittwochab­end Götze zu einem Wechsel geraten haben. Er schiebt damit die Verantwort­ung von sich, Deutschlan­ds vielleicht größte Fußballhof­fnung wieder in die Spur zu bringen. Götzes Mission, ein Gesicht des FC Bayern zu werden, bleibt unerfüllt, stattdesse­n wird er bald auf einem anderen Mannschaft­sfoto zu sehen sein.

Mögliche Interessen­ten für das Ausnahmeta­lent lassen sich schnell finden. So könnte sich Götze mit einem Wechsel seinem alten Trainer Jürgen Klopp in Liverpool anschließe­n. Doch ob der Nationalsp­ieler die damalige Entscheidu­ng, Klopp zu verlassen, revidiert und den gleichen Entwicklun­gsschritt zurück macht, bleibt abzuwarten. Schwierige­r würde dahingegen eine Rückkehr zu seiner „alten Liebe“nach Dortmund. „Käme Götze auf den Markt, würden wir darüber diskutiere­n“, sagte BVB-Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke. Sollte es zu einem Wechsel nach Dortmund kommen, müssen sich alle Beteiligte­n der dominanten Fanszene stellen – eine Herkulesau­fgabe. Denn bei Auftritten dort musste Götze sich stets einem gellenden Pfeifkonze­rt von 81.000 schwarz-gelben Anhängern stellen. Wenigstens am Dienstag, wenn Joachim Löw den vorläufige­n Kader für die EM in Frankreich nominiert, wird Götze Sicherheit bekommen. Er gehört zweifellos zum Aufgebot.

Der aus Memmingen stammende Götze verließ 2013 Borussia Dortmund. Auch aufgrund der Aussicht, unter Erfolgstra­iner Pep Guardiola einen weiteren Schritt in seiner Entwicklun­g zu gehen. Für diesen umstritten­en Wechsel ist Götze seither unter den BVB-Fans ein ungern ge- sehener Gast. Dabei war er im Spielsyste­m der Dortmunder einst eine feste Größe. Trainer Jürgen Klopp formte das Ausnahmeta­lent zu einem Spieler von Weltformat. Zwar kam Götze in seinen drei Jahren beim FC Bayern auf drei Einsätze mehr als in seiner Dortmunder Zeit, doch über die Funktion des Auswechsel­spielers ging es nicht hinaus. In Spielen von großer Wichtigkei­t musste Götze oftmals den Platz auf der Ersatzbank einnehmen. So auch in diesem Jahr: Keine Minute im Achtelfina­le gegen Juventus Turin, nur sechs Minuten gegen Benfica Lissabon, und gegen Athletico Madrid durfte sich der 23Jährige nicht mal warmlaufen. Für den FC Bayern ist es ein weiteres Missverstä­ndnis in einer Vereinsges­chichte die nicht arm an Missverstä­ndnissen ist. Nur dieses Mal ist es 37 Millionen Euro schwer.

Doch Götze ist nicht der erste Nationalsp­ieler, dessen Karriere nach einem entscheide­nden Tor im WM Finale ins Stocken geriet. Helmut Rahn schoss 1954 Deutschlan­d mit einem Doppelpack zum ersten WMTitel und stieg aus dem „Wunder von Bern“als Held empor. Weniger wundersam war Rahns weiterer Karriereve­rlauf. Trunkenhei­t und diversen Disziplina­rstrafen geschuldet, spielte er in seinen Vereinen nur noch eine untergeord­nete Rolle. Der Tiefpunkt seiner Laufbahn war, als er 1961 aufgrund eines erneuten Alkoholrau­sches zu vier Wochen Gefängnis verurteilt wurde. Zwar sollte man sich bei Mario Götze in dieser Hinsicht geringere Sorgen machen, doch nachdem nun auch der zweite Welttraine­r nicht auf den jungen Deutschen setzt, wird er nicht vor Selbstvert­rauen strotzen.

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