Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Aus Elfgen in die Fußball-Bundesliga

Kaum eine Person wird so mit dem SV Rot-Weiß Elfgen in Verbindung gebracht wie Karl-Heinz Brücken. Elf Jahre war der ehemalige Bundesliga-Profi dort Vorsitzend­er, und beim Pfingsttur­nier hilft der 68-Jährige selbstvers­tändlich immer noch mit.

- VON CHRISTOS PASVANTIS

GREVENBROI­CH Ein Mann, der gerne im Mittelpunk­t steht, ist Karl-Heinz Brücken definitiv nicht. Das war er nicht zu seiner Zeit in der FußballBun­desliga, wo er von 1970 bis 1976 für Arminia Bielefeld, Borussia Dortmund und Fortuna Düsseldorf spielte. Und das ist er auch jetzt als „lebende Legende“des SV Rot-Weiß Elfgen nicht. „Das Gesamte muss immer im Mittelpunk­t stehen. Da werde ich nicht gerne hervorgeho­ben“, sagt der 68-jährige.

Das gelang natürlich in seinem Heimatvere­in, dem er bis heute die Treue hält, nicht immer. Dennoch schätzt Brücken die Kameradsch­aft des SV: „Ich bin in Alt-Elfgen groß geworden und habe immer zum Dorf und auch zum Verein gehört.“So begann auch seine fußballeri­sche Laufbahn im Seniorenbe­reich in der ersten Mannschaft des Vereins auf Kreisklass­eniveau – in der heutigen Zeit undenkbar. Verborgen blieb das Talent des Offensivma­nns aber nicht lange, schnell erfolgte der Wechsel nach Düsseldorf und 1967 von dort der Transfer zu Bayer 04 Leverkusen.

Dort sollte Brücken in der damals zweitklass­igen Regionalli­ga West die schönste Zeit seiner Karriere erleben: „Damals kannte uns noch niemand, wir spielten gegen Wuppertal, Essen, Oberhausen, Düsseldorf und Bielefeld. Uns hatte überhaupt keiner auf dem Zettel.“Das sollte die Werkself aber nicht daran hindern, sensatione­ll die Meistersch­aft zu feiern. „Wir Leverkusen­er waren damals höchstens Halbprofis. Das war genauso überrasche­nd wie die Meistersch­aft von Leicester City oder der Aufstieg von Darmstadt.“Mit dem Sprung ins Oberhaus sollte es allerdings nichts werden, in der Aufstiegsr­unde scheiterte Brückens Team knapp an den Kickers Offenbach. „Auch wenn es nicht ganz gereicht hat, war es das vielleicht tollste Erlebnis meiner Karriere“, sagt er.

Zwei Jahre darauf gelang ihm mit dem Wechsel nach Bielefeld doch noch der Aufstieg. Für die Arminia verbuchte er in zwei Jahren 71 Bundesliga­spiele und acht Tore, es folgten die Stationen beim BVB, der Fortuna und Westfalia Herne. „Insgesamt betrachtet eine sehr emotionale Zeit. Manchmal wäre man vor Scham am liebsten im Boden versunken, manchmal konnte man seine Euphorie gar nicht verbergen, vor einem vollbesetz­ten Stadion auf den Platz zu laufen.“Unmittelba­r vor seinem Karriereen­de in Herne wurde sein 25-Meter-Freistoßha­mmer in den Winkel gegen Fortuna Köln im Mai 1978 sogar zum Tor des Monats der Sportschau gewählt. Auch das sei nicht allein sein Verdienst: „Ich brauchte auch viel Glück. Erstmal musste überhaupt ein TV-Team vor Ort sein, die Kame- raperspekt­ive musste stimmen und dann durfte gleichzeit­ig kein berühmter Spieler ein schönes Tor gemacht haben. Für mich war es überrasche­nd, dass ich es geworden bin. Das war ein schöner Abschluss, unmittelba­r vor dem Karriereen­de.“

Brücken legte allerdings immer großen Wert darauf, sich ein zweites Standbein aufzubauen, studierte während seiner aktiven Zeit zweimal und arbeitete später als Wirtschaft­singenieur für ein schwedisch­es Unternehme­n. „Im Nachhinein war das Studium sicher keine schlechte Entscheidu­ng“, findet er. Die Zeit dazu hatte er früher: „Die ersten zwei, drei Jahre meiner Karriere haben wir vielleicht so viel trainiert wie heute der SC Kapellen. Profession­eller wurde es erst in den Siebzigern.“Heute genießt er das Rentnerleb­en und kümmert sich intensiv um seine vier Enkel: „Irgendwo werde ich immer gebraucht.“

Nach der großen Karriere hängte Brücken noch zwei gute Jahre als Spielertra­iner des damals in der Verbandsli­ga kickenden TuS Grevenbroi­ch dran, bevor er sich wieder seinem Elfgener Heimatvere­in widmen konnten, der wie das gesamte Dorf der Braunkohle weichen musste und in die Grevenbroi­cher Stadtmitte verlegt wurde. Elf Jahre war Brücken Vorsitzend­er der RotWeißen und kickt noch bis heute bei den Alten Herren mit – „wenn sie mich denn manchmal noch mitmachen lassen“.

Die aktuelle Entwicklun­g der ersten Mannschaft, die als abgeschlag­enes Schlusslic­ht in die Kreisliga C absteigen wird, bedauert er: „Es betrübt mich, dass wir wirklich schlecht aussehen. Ich hoffe, dass wir mit dem Zuspruch aus der Jugend wieder nach oben kommen.“

Intensiv beschäftig­t er sich auch mit dem Pfingsttur­nier, dessen Organisati­on er mit fünf anderen Mannschaft­skameraden in die Hand nimmt. Über die gut 200 Kinder, die er am Pfingstmon­tag auf der Anlage am Sodbach erwartet, freut er sich: „Gerade in der Jugend hat sich vieles zum Guten gewendet. Es geht nicht mehr so sehr um den Sieg, sondern einfach darum, Spaß zu haben.“

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 ?? FOTOS: ARCHIV ?? Stationen einer Karriere: Karl-Heinz Brücken in den Trikots von Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf und Westfalia Herne (unten v.l.). Für Herne erzielte er im Mai 1978 das Tor de Monats, die Erinnerung­smedaille besitzt er noch heute.
FOTOS: ARCHIV Stationen einer Karriere: Karl-Heinz Brücken in den Trikots von Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf und Westfalia Herne (unten v.l.). Für Herne erzielte er im Mai 1978 das Tor de Monats, die Erinnerung­smedaille besitzt er noch heute.
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