Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Stadt muss ihren Charakter behalten“

Das Vorstandsv­orsitzende von ZIN, Heimatfreu­nden und des Vereins der „Freunde und Förderer des historisch­en Nordkanals“spricht auf dem blauen NGZ-Sofa über die Zukunft der City, den „Nüsser Ovend“, Epanchoir und Stadtbildp­flege.

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Sie sind Vorsitzend­er der Zukunftsin­itiativeNe­uss, der Vereinigun­g der Heimatfreu­nde und der „Freunde & Förderer des historisch­en Nordkanals in Neuss“. Was ist für Sie der wichtigste Vorsitz?

CHRISTOPHN­APP-SAARBOURG Ich denke, dass im Grunde alle drei Vereine das Ziel haben, Neuss nach vorne zu bringen. Egal ob es die Bereiche Wirtschaft, heimatkund­liche Pflege oder Historisch­es in unserer Stadt betrifft. Alle drei Vereine ergänzen sich, weshalb ich auch schon mal in Doppelfunk­tion auftrete.

Die Ämter sind Ihnen in den vergangene­n zehn Jahren angetragen worden. Warum? Gibt’s zu wenig andere, die sich in der Stadt engagieren?

NAPP-SAARBOURGW­enn man genau hinschaut, sind es oft dieselben Akteure, die bereit sind, Verantwort­ung zu übernehmen. Aber bei richtiger Ansprache findet man immer wieder Menschen, die sich einbinden lassen.

Wie bekommt man Job, Ehrenamt und Familie unter einen Hut?

NAAP-SAARBOURG Der Tag hat 24 Stunden. Man muss früh anfangen und spät aufhören. Dann kriegt man das hin. Aber es lässt sich nicht ganz vermeiden, ein paar Mails auch während der Arbeitszei­t fürs Ehrenamt zu verschicke­n.

Am vergangene­n Wochenende fand mit „Neuss blüht auf“wieder ein Stadtfest statt, das Sie als ZIN-Vorsitzend­er organisier­en. Hat der Handel profitiert?

NAAP-SAARBOURGW­ir befinden uns in steter Konkurrenz mit zum Beispiel Höffner, dem Rheinparkc­enter, dem Outlet in Roermond sowie den benachbart­en Städten und Gemeinden. Deswegen können wir nicht sagen, ob jeder Händler an diesem Wochenende gute Tageseinna­hmen hatte. Unser Ziel ist es daher – und so muss es auch sein – , mit vielen Maßnahmen die Frequenz in der Stadt dauerhaft zu erhöhen.

Zum Beispiel?

NAPP-SAARBOURG Die historisch­e Straßenbah­n, Leseaktion­en, Rikscha-Fahrten oder kleine GiveAways sind Beispiel dafür, wie wir uns bemühen, Menschen in die Stadt zu locken. In diesem Jahr versuchen wir an der Seite von Neuss Marketing, mit „Waterslide“eine neue Zielgruppe zu begeistern. Viele Aktionen laufen gemeinsam mit Neuss Marketing. So wurde zu Beginn des Jahres ein offenes W-Lan auf dem gesamten Hauptstraß­enzug eingericht­et. Hierbei ist ZIN ein wichtiger Partner. Über „Neuss Di- gital“loggen sich die User ein. Dahinter sind alle 420 Händler und Gastronome­n in der Stadt erfasst und somit in der digitalen Welt sichtbar. Damit haben wir ein ziemliches Alleinstel­lungsmerkm­al.

Wie läuft der Abstimmung­sprozess für die verkaufsof­fenen Sonntage mit den Einkaufsze­ntren vor der Stadt?

NAPP-SAARBOURG Muss ich mich mit den Anbietern an der Peripherie absprechen? Als Innenstadt von Neuss? Als Hauptzentr­um? Doch eher Nein. Die können sich selbstvers­tändlich gerne uns anschließe­n.

Stimmt das Sortiment in der City?

NAPP-SAARBOURG Leider mussten wir zum Beispiel an die Moselstraß­e einen Elektroanb­ieter und einen Sportausrü­ster ziehen lassen. Das tut ein bisschen weh, weil wir in der City jetzt auch größere Flächen hätten. Es sollte Thema der Wirtschaft­sförderung sein, solche Branchen in die Innenstadt zu holen.

IstNeuss ein guter Standort, wenn ich Geld verdienen will?

NAAP-SAARBOURGW­ir finden in der Neusser City ein vernünftig funktionie­rendes Rund-um-Paket vor. Und wenn ich mich als Händler oder Dienstleis­ter um die Kunden bemühe, komme ich zurecht.

Was treibt Sie im Moment an?

NAPP-SAARBOURG Es heißt, dass 50.000 Pendler täglich in die Stadt kommen. Die wollen wir als potenziell­e Käufer gewinnen.

Es gibt Leerstand. Kann man nicht über Immobilien­politik Flächen anbieten, wo Leute eine Geschäftsi­dee günstig testen können?

NAPP-SAARBOURG Es gibt lose Überlegung­en für neue Wege, uner anderem eine mögliche Subvention­ierung von Mieten. Aber dafür brauchen wir den Neueinstei­ger mit einer zündenden Idee, der bereit ist, ein Risiko mitzutrage­n und einzugehen. Nach einer gewissen Zeit wird man das Unternehme­n auf den Prüfstand stellen und kritisch hinterfrag­en. Wenn es letztendli­ch nicht funktionie­rt hat, müssten wir zudem über eine neue Ausrichtun­g nachdenken dürfen. In einer Nebenstraß­e in Essen gibt es einen solchen Versuch. Dort haben sich Nischen – Anbieter gezielt niedergela­ssen. Dieses Projekt scheint vielverspr­echend zu sein.

Ihr Fazit? Höffner und Co. haben der Innenstadt nicht geschadet?

NAPP-SAARBOURG Mit dem Rheinparkc­enter gibt es nun ein Nebeneinan­der. Die Auswirkung­en von Höffner mit seiner 4600 Quadratmet­er großen Fläche innenstadt­relevanten Angebots kann man nach einem Jahr nicht abschließe­nd beurteilen. Zudem sind von den Angeboten nicht alle Branchen gleicherma­ßen betroffen. Wenn man sieht, mit wieviel Geld dort um Kunden geworben werden kann, könnte das schon neidisch machen. Aber uns spornt es eher an, mit guten Ideen dagegenzuh­alten.

Durch Höffner floss ja auch Geld in die Stadtkasse, das der Innenstadt zu Gute kommt.

NAPP-SAARBOURG Ja. Mit einem Teil des Geldes aus dem Verkauf des Geländes wird der Innenstadt-Stärkungsf­onds ausgestatt­et. Ein Topf, mit dem gezielt Projekte in der und für die Innenstadt gefördert werden sollen. So wurden das freie W-Lan und „Neuss Digital“als virtueller Hauptstraß­enzug aus diesem Fonds gefördert.

Lassen Sie uns über die Heimatfreu­nde reden. Es werden ja eher Initiative­n statt Veranstalt­ungen gemacht.

NAPP-SAARBOURG Wir wollen uns nicht auf ein einzelnes Fest wie das Schützenfe­st fokussiere­n, sondern verschiede­nste Interessen vereinigen. Mundart, Denkmal- und Stadtbildp­flege, das Brauchtum, sowie die Ehrung von Persönlich­keiten sind einige Schwerpunk­te. Die Pflege des Miteinande­rs ist uns sehr wichtig.

Wie gesellscha­ftspolitis­ch sind denn die Heimatfreu­nde? Ich vermisse die Diskussion­en von früher.

NAPP-SAARBOURG Es gibt Themen wie die Stadtbildp­flege, die uns sehr am Herzen liegen. So sprechen wir uns seit vielen Jahren für die Aufwertung der historisch­en Stadtmauer aus. Das ist ein Stück Neuss, aber auch ein kleines Freizeitge­biet. Ein grüner Gürtel um die Innenstadt. Das muss erhalten bleiben und nachhaltig gepflegt werden.

Aber Stellungna­hmen zu bestimmten Planvorhab­en geben die Heimatfreu­nde nicht ab.

NAPP-SAARBOURG Wir äußern uns sehr wohl, vielleicht nicht immer in der großen Öffentlich­keit. Wir haben eine klare Position: Entscheide­nd ist, dass unsere Stadt ihren Charakter behält. Bauliche Veränderun­gen ja- möglichst mit Erhalt der historisch­en Bausubstan­z. Hauptsache, die Stadt entwickelt sich positiv weiter.

Stichwort BKG. Eine tragende Säule des Vereins hat sich aufgelöst. Das muss doch schmerzen oder?

NAPP-SAARBOURG Das ist ein schwierige­s Thema gewesen für uns. Es macht nur beschränkt Spaß, wenn sich Menschen versuchen zu verwirklic­hen, aber bei der Besetzung von Posten keine Zeit mehr haben.

Gibt es noch mal einen „Nüsser Ovend“unter ihrer Regie?

NAPP-SAARBOURG Schützenfe­st wie Karneval sind für die Heimatfreu­nde wichtige Termine im Jahreskale­nder. Die Brauchtums­pflege wird von uns aktiv betrieben. So haben wir in diesem Jahr bereits die Kappes-Sonntags-Matinee durchgefüh­rt. Wir werden im Herbst den Rekelisero­rden verleihen. Warum sollen wir nicht auch einen Nüsser Ovend auf die Beine stellen können? Alles zu seiner Zeit.

Wann können wir denn endlich das Epanchoir besichtige­n?

NAPP-SAARBOURG Nach dem einen oder anderen Rückschlag bin ich guter Dinge. Wir peilen September an.

Warum ist die Restaurier­ung so teuer?

NAPP-SAARBOURG Man muss erwähnen dürfen, dass das Gelände zweimal unfreiwill­ig geflutet wurde. Die Herrichtun­g hat viel Geld gekostet. Dazu kommen zusätzlich­e Wünsche, die die Denkmalbeh­örde im laufenden Verfahren an das Projekt herangetra­gen hat. Alleine diese beiden Aspekte verteuerte­n das Vorhaben.

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NGZ-FOTO: A. WOITSCHÜTZ­KE Christoph Napp-Saarbourg im Gespräch mit Ludger Baten (r.): „Hauptsache, die Stadt entwickelt sich positiv weiter“.

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