Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Projekt will mit der Macht der Musik Demenzkranken helfen
Memory-Zentrum und Musikschule sind Partner in einem vom Land geförderten Vorhaben.
NEUSS Die Musikschule und das Memory-Zentrum der St. Augustinus-Kliniken sind jetzt Partner. Ungleiche, wie man meinen könnte, aber was sie zusammenbringt, ist die Musik. Die soll als Schlüssel genutzt werden, um Menschen auch in einer Demenz zu erreichen und ihnen eine schöne Zeit zu bereiten. „Wo viele Dinge nicht mehr gehen – Musik geht immer“, sagt Manfred Steiner.
Der Leiter der Beratungsstelle im Memory-Zentrum brachte vor zwei Jahren mit einer Anfrage an die Musikschule den Stein ins Rollen. Keine neuen Angebote wollte er schaffen, sondern Bestehendes in das Projekt integrieren. Als Partner kamen noch der inclusive „Jedermannchor“von Christina Döhlings und die Musikwissenschaftlerin Elisabeth von Leliwa, die mit dem Projekt „Auf Flügeln der Musik“Konzertprogramme für Menschen mit Demenz organisiert, hinzu. Das Gesamtkonzept von „Musik trifft Demenz“, wie das Vorhaben auch auf Veranstaltungsflyern beworben wird, überzeugte am Ende sogar das Land. Das gibt aus dem Förderfonds „Kultur und Alter“4000 Euro dazu. Dabei wurde das Neusser Vorhaben auch deshalb ausgewählt, weil die Stadt mittelbar eingebunden ist. Das gebe dem Projekt eine „große Chance auf Langlebigkeit“, merkt Musikschulleiter Reinhard Knoll an.
„Musik trifft Demenz“ruht auf vier Säulen. Erstens, soll es therapeutisch wirken. Denn wenn Musik gezielt eingesetzt wird, kann es positive Reaktionen hervorrufen. „Da kommt hoch, was unter Vielem verschüttet war“, sagt Döhlings.
Zweitens will das Projekt aktivieren. Denn der Jedermannchor, der auch dementen Menschen offensteht, besucht nicht vier Mal im Jahr das Memory-Zentrum um auf einer Bühne zu stehen, sondern er lädt immer zum Mitmachen ein. „Schlager gehen gut“, sagt Döhlings nach dem ersten „Auftritt“am Montag. Und bei „Griechischer Wein“sei sogar getanzt worden.
Weil „Musik trifft Demenz“auch Türen zu Konzertsälen aufstößt, wirkt das Projekt - drittens - der Vereinsamung von Erkrankten entgegen. Mit dem Besuch einer Probe der Kammerakademie (22. Mai) und des Konzerts des Cello-Ensembles „fire4strings“am 12. Juni kommen dementiell Erkrankte allein in den nächsten vier Wochen noch zweimal unter die Leute. „Häufig trauen sich Menschen mit Demenz einen Konzertbesuch alleine nicht mehr zu“, sagt von Leliwa.
Das Umfeld der Menschen mit Demenz nimmt das Projekt – viertens – mit seinem Weiterbildungsangebot in den Blick. Musiker, Musiklehrer und Chorleiter erfahren im Memory-Zentrum, also dort, wo Menschen mit Demenz betreut und begleitet werden, wie sie die Bedürfnisse dieser Menschen erkennen und ihre Angebote darauf abstimmen können. In einer Zeit überalternder Chöre sei das sicher auch für deren Leiter interessant, sagt Steiner. Begleiter und betreuende Angehörige können hingegen in Workshops lernen, wie sie Musik in den Alltag dementiell veränderter Menschen einfließen lassen. Infos im Internet unter www.st.augustinus-memory-zentrum.de