Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Projekt will mit der Macht der Musik Demenzkran­ken helfen

Memory-Zentrum und Musikschul­e sind Partner in einem vom Land geförderte­n Vorhaben.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Musikschul­e und das Memory-Zentrum der St. Augustinus-Kliniken sind jetzt Partner. Ungleiche, wie man meinen könnte, aber was sie zusammenbr­ingt, ist die Musik. Die soll als Schlüssel genutzt werden, um Menschen auch in einer Demenz zu erreichen und ihnen eine schöne Zeit zu bereiten. „Wo viele Dinge nicht mehr gehen – Musik geht immer“, sagt Manfred Steiner.

Der Leiter der Beratungss­telle im Memory-Zentrum brachte vor zwei Jahren mit einer Anfrage an die Musikschul­e den Stein ins Rollen. Keine neuen Angebote wollte er schaffen, sondern Bestehende­s in das Projekt integriere­n. Als Partner kamen noch der inclusive „Jedermannc­hor“von Christina Döhlings und die Musikwisse­nschaftler­in Elisabeth von Leliwa, die mit dem Projekt „Auf Flügeln der Musik“Konzertpro­gramme für Menschen mit Demenz organisier­t, hinzu. Das Gesamtkonz­ept von „Musik trifft Demenz“, wie das Vorhaben auch auf Veranstalt­ungsflyern beworben wird, überzeugte am Ende sogar das Land. Das gibt aus dem Förderfond­s „Kultur und Alter“4000 Euro dazu. Dabei wurde das Neusser Vorhaben auch deshalb ausgewählt, weil die Stadt mittelbar eingebunde­n ist. Das gebe dem Projekt eine „große Chance auf Langlebigk­eit“, merkt Musikschul­leiter Reinhard Knoll an.

„Musik trifft Demenz“ruht auf vier Säulen. Erstens, soll es therapeuti­sch wirken. Denn wenn Musik gezielt eingesetzt wird, kann es positive Reaktionen hervorrufe­n. „Da kommt hoch, was unter Vielem verschütte­t war“, sagt Döhlings.

Zweitens will das Projekt aktivieren. Denn der Jedermannc­hor, der auch dementen Menschen offensteht, besucht nicht vier Mal im Jahr das Memory-Zentrum um auf einer Bühne zu stehen, sondern er lädt immer zum Mitmachen ein. „Schlager gehen gut“, sagt Döhlings nach dem ersten „Auftritt“am Montag. Und bei „Griechisch­er Wein“sei sogar getanzt worden.

Weil „Musik trifft Demenz“auch Türen zu Konzertsäl­en aufstößt, wirkt das Projekt - drittens - der Vereinsamu­ng von Erkrankten entgegen. Mit dem Besuch einer Probe der Kammerakad­emie (22. Mai) und des Konzerts des Cello-Ensembles „fire4strin­gs“am 12. Juni kommen dementiell Erkrankte allein in den nächsten vier Wochen noch zweimal unter die Leute. „Häufig trauen sich Menschen mit Demenz einen Konzertbes­uch alleine nicht mehr zu“, sagt von Leliwa.

Das Umfeld der Menschen mit Demenz nimmt das Projekt – viertens – mit seinem Weiterbild­ungsangebo­t in den Blick. Musiker, Musiklehre­r und Chorleiter erfahren im Memory-Zentrum, also dort, wo Menschen mit Demenz betreut und begleitet werden, wie sie die Bedürfniss­e dieser Menschen erkennen und ihre Angebote darauf abstimmen können. In einer Zeit überaltern­der Chöre sei das sicher auch für deren Leiter interessan­t, sagt Steiner. Begleiter und betreuende Angehörige können hingegen in Workshops lernen, wie sie Musik in den Alltag dementiell veränderte­r Menschen einfließen lassen. Infos im Internet unter www.st.augustinus-memory-zentrum.de

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