Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stickstoff für die moderne Arche Noah

Die Jüchener Firma german-cryo rüstet als deutsche Alleinvert­retung eines Unternehme­ns in den USA namhafte Kliniken, Universitä­ten und Forschungs­zentren mit Stickstoff­anlagen für biologisch­e Proben und Gendaten für die Nachwelt aus.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Unscheinba­r und auf den ersten Blick wenig repräsenta­tiv gelegen, verbirgt sich hinter dem Firmenschi­ld „german-cryo“an der Silostraße 2 ein Unternehme­n, das im Wortsinne „cool“ist. Denn bei german-cryo kann es ganz schön kalt werden. Das Vereisen und Konservier­en in den Stickstoff­anlagen, mit denen das Jüchener Familienun­ternehmen auch namhafte Kliniken, Universitä­ten und Forschungs­zentren ausrüstet, veranschau­licht Geschäftsf­ührer Thomas Henne gerne mit einem eindrucksv­ollen Blumenexpe­riment.

Die Blüte erstarrt im Stickstoff regelrecht, gefriert zu einer glasartige­n Substanz und zerbricht sozusagen in Scherben, wenn sie auf den Boden geworfen wird. Das ist Show, die aber rüberkommt. Henne versteht sein Metier als Verkäufer, hat er doch vor 20 Jahren die deutsche Alleinvert­retung eines US-Unternehme­ns an Land gezogen und sich gemeinsam mit seiner Schwester Jutta Ohst mittlerwei­le auch mit Projekten in Österreich, der Schweiz, der Türkei, im Libanon und und sogar in Japan etabliert.

Zum Familienbe­trieb gehören zudem Norbert Ohst als Gesellscha­fter, Tochter Sandra und Sohn Pascal. Drei Außendiens­tler, acht Beschäftig­te im Jüchener Büro und Lager, 15 Teilzeitjo­bber, und auch die Hundebrüde­r Charly und Barney gehören fest zur Belegschaf­t. Sogar einen eigenen Bürostuhl gibt es für die Vierbeiner, deren Anwesenhei­t sich laut Chefin Jutta Ohst positiv auf das Betriebskl­ima auswirkt.

Die wenigsten ahnen, dass die Jüchener Firma mit ihren Stickstoff­anlagen so etwas wie die moderne Form der Arche Noah ermöglicht. Denn durch das Einfrieren und Konservier­en mit Stickstoff, der bis zu minus 132 Grad „cool“wird, können in speziellen Datenbänke­n alle biologisch­en Proben der weltweit existieren­den Flora und Fauna für die Nachwelt erhalten bleiben.

German-cryo liefert auch Anlagen für die Deutsche Knochenmar­kspenderda­tei, in denen Stammzelle­n gespeicher­t werden. Außerdem arbeitet das Jüchener Unternehme­n aktuell an einem Projekt in Tokio, wo eine Eierstockg­ewebebank aufgebaut wird. Junge Frauen lassen dort gesundes Gewebe einlagern, das sie sich implantier­en lassen können, wenn sie Krebs bekommen sollten.

Im Vorfeld gibt es nach Möglichkei­t eine Gefahrenan­alyse, bevor eine Cryo-Anlage geplant und eingebaut wird. Bei Probeläufe­n werden dann alle nur möglichen Havarien simuliert: So schildert Henne den mithin wichtigste­n Aspekt von Stickstoff­lagern bzw. -dateien, nämlich Sicherheit und Personensc­hutz.

Zumindest in Deutschlan­d stoßen die Möglichkei­ten der Konservier­ung mit Stickstoff aber auch an ethische und gesetzlich­e Grenzen. Denn was in den USA praktizier­t wird, das Einfrieren von Menschen auf deren eigenen Wunsch, ist in Deutschlan­d verboten. Darüber ist Jutta Ohst froh und erleichter­t, denn sie hatte tatsächlic­h schon solche Anfragen, die sie aus guten Gründen ablehnen konnte.

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NGZ-FOTOS: LOTHAR BERNS Thomas Henne (v.l.), Christine Krack, Stefan Krüll, Alexander Parsche, Sandra Ohst mit Charly und Barney, Ken Raabe, Jutta Ohst und Arndt Schieffers im Lager der Firma german-cryo.
 ??  ?? Thomas Henne startet das Blumeneper­iment mit viel Stickstoff....
Thomas Henne startet das Blumeneper­iment mit viel Stickstoff....
 ??  ?? ... taucht die Tulpe in den eiskalten Stickstoff­behälter....
... taucht die Tulpe in den eiskalten Stickstoff­behälter....
 ??  ?? .... und hält eine Blüte in den Händen, die zu „Glas“gefroren ist.
.... und hält eine Blüte in den Händen, die zu „Glas“gefroren ist.

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