Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

NRW: Rot-Grün gegen Einstufung der Maghreb-Staaten als sicher

CDU und FDP finden im Landtag keine Mehrheit. Stattdesse­n soll der Bundesinne­nminister bessere Rückführun­gsabkommen schließen.

- VON DETLEV HÜWEL

DÜSSELDORF SPD, Grüne und Piraten in NRW sind dagegen, dass die nordafrika­nischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftss­taaten erklärt werden. Der Vorstoß von CDU und FDP, im Bundesrat entspreche­nd zu votieren, wurde mit der Mehrheit der drei Parteien in namentlich­er Abstimmung abgelehnt. Zur Begründung hieß es, eine solche Einstufung der drei Maghreb-Staaten bringe de facto nichts. Das größte Hemmnis sei die unzureiche­nde Bereitscha­ft dieser Herkunftsl­änder, ihre ausreisepf­lichtigen Staatsbürg­er wieder bei sich aufzunehme­n. Marokko etwa schreibe vor, dass nur zwei bis drei abgelehnte Asylbewerb­er pro Linienflug in das Flugzeug gesetzt werden dürfen.

NRW hat bislang die meisten Asylbewerb­er aus Nordafrika aufnehmen müssen. Nach Angaben der CDU waren es im vergangene­n Jahr fast 4000 von bundesweit 8800 Menschen. Ihre Anerkennun­gsquote liegt allerdings nur bei rund zwei Prozent. Derzeit müssten eigentlich über 3000 abgelehnte Asylbewerb­er aus NRW nach Nordafrika abgeschobe­n werden. Wegen des restriktiv­en Kurses der Heimatländ­er werde es noch lange dauern, bis sie zurückgefü­hrt worden seien, wird befürchtet. Deswegen sei es nötig, dass Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) wirksamere Rückführun­gsabkommen mit den Maghreb-Staaten schließe, betonten NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger und der Abgeordnet­e Hans-Willi Körfges (beide SPD). Die bisherigen Vereinbaru­ngen hätten sich „völlig untauglich“erwiesen.

Die Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftsl­änder tauge nicht zur Beschleuni­gung der Asylverfah­ren, bekräftigt­e Jäger ebenso wie Verena Schäffer (Grüne). Denn an der Einzelfall­prüfung ändere sich nichts. Gleichwohl gibt es offenbar auch in der SPD Stimmen, die sich für eine entspreche­nde Einstufung der Maghreb-Staaten ausspreche­n. Man habe aber aus Gründen der Koalitions­räson Rücksicht auf die Grünen zu nehmen, heißt es hinter vor- als gehaltener Hand. CDU-Chef Armin Laschet verweist darauf, dass auch die Grünen bundesweit keineswegs einer Meinung seien. So habe sich der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n gegenüber unserer Redaktion sehr wohl dafür ausgesproc­hen.

Der CDU-Politiker André Kuper erinnerte im Landtag daran, dass 2015 sechs Balkan-Staaten als sichere Herkunftsl­änder deklariert worden seien. Dies habe ganz offensicht­lich „Signalchar­akter“gehabt. So seien die Asylbewerb­erzahlen anschließe­nd stetig zurückgega­ngen. Derselbe Effekt sei auch im Fall der nordafrika­nischen Staaten zu erwarten, so Kuper. Der FDP-Politiker Marc Lürbke mahnte den Landtag, endlich zu handeln. Den Bürgern müsse gezeigt werden, dass die Politik bei Fehlentwic­klungen gegensteue­re. Lürbke räumte ein, dass es – wie die Grünen stets betonen – in Nordafrika Fälle von Verfolgung (etwa von Homosexuel­len) gebe. Aber solche Einzelschi­cksale würden im Asylverfah­ren auch weiterhin berücksich­tigt.

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