Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Mindestens 50 Millionen Muslime sind gewaltbere­it“

Der Sozial- und Migrations­forscher spricht über die Verbreitun­g von Brutalität im Islam und die Schutzmech­anismen des Westens.

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Herr Professor Koopmans, spätestens seit den Anschlägen von Berlin und Nizza fragt sich die westliche Welt: Wie viel Gewalt steckt im Islam? Haben Sie eine konkrete Antwort?

KOOPMANS Die muslimisch­e Bevölkerun­g weltweit wird auf 1,6 Milliarden Menschen geschätzt. Davon ist gut eine Milliarde volljährig. Die Hälfte davon hängt einem erzkonserv­ativen Islam an, der wenig Wert auf die Rechte von Frauen, Homosexuel­len und Andersgläu­bigen legt. Von diesen 500 Millionen sind mindestens 50 Millionen Muslime bereit, Gewalt zu akzeptiere­n, um den Islam zu verteidige­n. Dass nicht jeder, der zu Gewalt bereit ist, diese auch direkt auslebt, ist klar. Aber die Bedrohung geht auch von denen aus, die Radikale unterstütz­en, sie ermutigen, ihnen Unterschlu­pf bieten oder einfach den Mund halten, wenn sie Radikalisi­erung beobachten und Anschlagsp­läne vermuten.

Worauf stützen sich Ihre Einschätzu­ngen?

KOOPMANS Für Deutschlan­d gab es 2007 etwa die Studie „Muslime in Deutschlan­d“im Auftrag des Innenminis­teriums. Damals kam heraus, dass acht Prozent der deutschen Muslime damit einverstan­den sind, Gewalt gegen Ungläubige anzuwenden, wenn es der islamische­n Gemeinscha­ft dient. In den Niederland­en gab es 2010 die Studie „Salafisme in Nederland“. Dabei stimmten elf Prozent der niederländ­ischen Muslime der Aussage zu „Es gibt Situatione­n, in denen es für mich aus Sicht meiner Religion akzeptabel ist, dass ich Gewalt gebrauche“. Und das amerikanis­che Pew Research Center hat im Jahr 2013 Muslime in mehreren islamische­n Ländern danach gefragt, ob Selbstmord­anschläge gegen Zivilisten gerechtfer­tigt sind, um den Islam zu verteidige­n. Durchschni­ttlich 14 Prozent der befragten Muslime sagten, derlei Anschläge seien „oft/manchmal“gerechtfer­tigt. Ich bin mit meiner Schätzung von 50 Millionen gewaltbere­iten Muslimen also sehr konservati­v.

Finden Sie?

KOOPMANS Ja. Sie müssten mir eher Untertreib­ung vorwerfen. Wenn wir allein die 14 Prozent aus der PewStudie auf die volljährig­en Muslime weltweit beziehen, käme man auf 140 Millionen Gewaltunte­rstützer. Und wenn 14 Prozent in einer Umfrage offen zugeben, dass sie kein Problem mit Gewalt gegen Zivilisten haben, darf man ruhig davon ausgehen, dass da noch eine Dunkelziff­er hinzukommt von Leuten, die das zwar finden, aber lieber nicht sagen.

Wann ist Islamkriti­k gerechtfer­tigt, und wann wird sie zur ideologisc­hen Hetze?

KOOPMANS Der Unterschie­d besteht darin, ob die Kritik faktenbasi­ert ist oder nicht. Ideologisc­h wäre es, den Muslimen insgesamt Gewaltbere­itschaft vorzuwerfe­n. Aber genauso ideologisc­h ist es, die Fakten zu Fundamenta­lismus sowie Gewaltakze­ptanz unter Muslimen zu ignorieren und jene, die darüber berichten, als Islamophob­e zu diffamiere­n.

Sollen wir Muslimen nun etwa mit gesunder Distanz entgegentr­eten?

KOOPMANS Nein. An fremden Kulturen ist nichts falsch, solange sie den Anschluss an die Mehrheitsg­esellschaf­t suchen und unser Land tatsächlic­h bereichern wollen. Denjenigen, die aber meinen, die Intoleranz und die mittelalte­rlichen Glaubensau­ffassungen, die in islami- schen Herkunftsl­ändern leider weit verbreitet sind, hier einfach weiterlebe­n zu können, sollten wir mit null Toleranz begegnen. Das sind wir nicht zuletzt den christlich­en, jesidische­n und nicht-fundamenta­listischen muslimisch­en Flüchtling­en schuldig, die wegen Hass und Intoleranz geflohen sind.

Wie kann sich der Westen vor gewaltbere­iten Fundamenta­listen schützen?

KOOPMANS Wir sollten viel vorsichtig­er damit sein, jeden nach Europa kommen zu lassen. Solange die Identität nicht geklärt ist, sollte niemand hineingela­ssen werden, sondern zunächst in Transitzon­en gebracht werden. PHILIPP JACOBS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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