Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rennbahnen kämpfen um ihre Existenz

Nicht nur in Neuss droht das Aus für den Galopprenn­sport, sondern auch in Bremen und Frankfurt. In beiden Städten wird allerdings wesentlich engagierte­r um den Fortbestan­d der Rennbahnen gekämpft als in der Quirinusst­adt.

- VON KLAUS GÖNTZSCHE

NEUSS Das drohende Ende der Galopprenn­bahnen in Bremen, Frankfurt am Main und Neuss ist in der deutschen Galoppspor­t-Szene das derzeit beherrsche­nde Thema. Auf allerdings sehr unterschie­dliche Weise.

In Bremen kämpfen die Anwohner, etliche Bürgervere­ine und der Bremer Rennverein um den Fortbestan­d der Anlage, die erst vor wenigen Jahren mit großem Aufwand und viel Steuergeld­ern auf einen erstklassi­gen Zustand gebracht wurde. Die Stadt plant dort Wohnungsba­u, ähnlich wie bereits in Gelsenkirc­hen-Horst geschehen, wo schon 2002 das Ende kam. In Bremen steht den Bauplänen zudem eine Golfanlage im Innenraum im Wege. Auch die CDU-FDP-Opposition im Senat bekämpft die Pläne der SPD-Grüne-Regierungs­koalition.

In Frankfurt am Main hat 2015 der bislang letzte Renntag stattgefun­den. Auf dem traditions­reichen Areal in Niederrad soll die Akademie des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gebaut werden. Die Stadt Frankfurt hat das Gelände dem DFB zu extrem günstigen Bedingunge­n vermietet. Der Begriff „sittenwidr­ig“taucht oft auf. Für den RennKlub kämpft Carl Philipp Graf zu Solms-Wildenfels an vorderster Front um die Bahn. Furchtlos hat er sich durch zahllose Gerichtsin­stanzen gekämpft. Jetzt hat das Oberlandes­gericht einen Räumungsbe­schluss der Vorinstanz aufgehoben und stolz erschien Graf Solms (dessen Mutter Alexa in Neuss erfolgreic­h Rennen ritt) samt Anwalt mit den 75.000 Euro in bar verlangter Sicherheit­sleitung vor dem Gerichts- gebäude. Am 7. April werden weitere Entscheidu­ngen fallen.

Und in Neuss? Von politische­r Opposition ist nichts bekannt. Seitens des Dachverban­des in Köln ist zumindest öffentlich keine Gegenwehr erkennbar. Der unmittelba­r vom Ende der Bahn betroffene Trainer-und Jockeyverb­and hat nicht protestier­t, die Neusser Trainer sehen ihrem Schicksal offenbar gelassen entgegen. Von der Initiative um den Rennverein­s-Vize Peter Ritters hat man nichts mehr gehört. Geblie- ben sind Schreiben etlicher besorgter Persönlich­keiten des Galopprenn­sports wie dem langjährig­en Chefmanage­r Hans-Heinrich von Loeper. Doch ihre Briefe an Bürgermeis­ter Reiner Breuer und viele Neusser Politiker aller Parteien wurden nicht einmal beantworte­t oder kamen sogar zurück, weil die Post sie nicht zustellen konnte.

Der in Köln beim Dachverban­d als Chefmanage­r tätige Vereinsprä­sident Jan-Antony Vogel äußerte sich immerhin auf Anfrage des In- formations­dienstes Galopp Intern nach dem NGZ-Interview mit Bürgermeis­ter Reiner Breuer: „Im Grunde lassen die Äußerungen des Bürgermeis­ters nur den Rückschlus­s zu, dass keine Bereitscha­ft besteht, sich über einen Fortbestan­d von Galopprenn­en in Neuss Gedanken zu machen. Der Rennverein hat durch die Verträge mit Neuss Marketing nach Wegfall der Landeszusc­hüsse aus den Mittel Spiel 77 in Höhe von 100.000 Euro pro Jahr keinerlei Handlungss­piel- raum mehr. Bei Abschluss der Verträge war dies allen Beteiligte­n bekannt. Heute wird der Eindruck in der Öffentlich­keit erweckt, das Angebot des Rennverein­s stelle de facto eine Kündigung des Vertrages dar. Das ist nicht zutreffend. Der Rennverein erwartet nur faire Rahmenbedi­ngungen. Der Rennverein hat zu keinem Zeitpunkt den Anspruch erhoben, dass das Gelände ausschließ­lich für den Galopprenn­sport vorgehalte­n wird. Wir haben immer eine multifunkt­ionale Nutzung der Gesamtanla­ge unterstütz­t.

Offenbar wird das alles ausgeblend­et. Die Durchführu­ng von Rennverans­taltungen ist mit einem großen finanziell­en Engagement verbunden. Der Verein muss hier mit Partnern zusammenar­beiten, die gewährleis­ten, dass Einnahmen erzielt werden, die die Durchführu­ng der Veranstalt­ungen ermögliche­n. Wir werden weiter für Galopprenn­en in Neuss kämpfen und wiederhole­n unsere Bereitscha­ft, konstrukti­v an Zukunftslö­sungen mitzuwirke­n.“

 ?? ARCHIVFOTO: KLAUS-JÖRG TUCHEL ?? Als die Welt am Hessentor noch in Ordnung schien: der damalige Bürgermeis­ter Herbert Napp im römischen Streitwage­n bei der Wiedereröf­fnung der Neusser Galopprenn­bahn im November 2009.
ARCHIVFOTO: KLAUS-JÖRG TUCHEL Als die Welt am Hessentor noch in Ordnung schien: der damalige Bürgermeis­ter Herbert Napp im römischen Streitwage­n bei der Wiedereröf­fnung der Neusser Galopprenn­bahn im November 2009.

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