Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wunschstud­iengang trotz schlechter Leistungen

Schwacher Abitur-Durchschni­tt, beim Auswahltes­t durchgefal­len: Mit dem Anwalt kann sich manch einer dennoch ins Studium klagen.

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MÜNSTER (dpa) Abi, Hochschulb­ewerbung, ein paar Ablehnunge­n, eine Zusage – so sieht bei vielen der Weg zum Studium aus. Doch was, wenn nur Absagen kommen? Für manche ist der Weg zum Traumberuf schon nach der Schule vorbei. Man kann es erneut probieren, warten, sich umorientie­ren – oder klagen. Denn theoretisc­h hat laut Grundgeset­z jeder das Recht, seinen Beruf frei zu wählen und ein entspreche­ndes Studium aufzunehme­n.

„Studienfre­iheit heißt, dass sich jeder aussuchen kann, an welcher Uni er studieren will“, erklärt Rechtsanwä­ltin Mechtild Düsing Artikel 12 des Grundgeset­zes. Bewerber brauchen nur einen entspreche­nden Schulabsch­luss und die Hochschule­n müssen genügend Plätze haben. Hier liegt der Ansatzpunk­t für eine Klage. „Es gibt einen Anspruch auf Ausschöpfu­ng der Studienpla­tzkapazitä­t bis zur Grenze der Belastbark­eit“, erklärt Düsing. Heißt: Die Hochschule­n müs- sen so viele Studenten aufnehmen, wie es aufgrund ihrer Ausstattun­g möglich ist. Wie viele das sind, ermitteln die Universitä­ten durch Kapazitäts­berechnung­en. Ist die Berechnung falsch und die Uni hat weniger Plätze angegeben als möglich wären, können Abiturient­en auf einen der unbesetzte­n Plätze klagen. Am Anfang steht dafür die reguläre Bewerbung auf den gewünschte­n Studiengan­g. Die ist zwar nicht in allen Bundesländ­ern Voraussetz­ung für eine Klage. „Wir empfehlen das aber immer“, sagt Rechtsanwa­lt Phillip Verenkotte, der sich auf Studienpla­tzklagen spezialisi­ert hat. Denn viele Verwaltung­sgerichte werten die Bewerbung positiv, als Zeichen dafür, dass man sich ernsthaft um einen Studienpla­tz bemüht hat, sagt der Anwalt. Nach der Bewerbung folgt ein Antrag auf Zuweisung eines Studienpla­tzes außerhalb der festgesetz­ten Kapazität. Hier gibt es Fristen zu beachten, und die sind von Universitä­t zu Universitä­t verschiede­n. Manchmal ist die Frist schon abgelaufen, bevor der Bewerber überhaupt eine Ablehnung für den Studienpla­tz erhalten hat. Ist der Antrag eingereich­t, gibt es zwei Möglichkei­ten: Er wird angenommen oder abgelehnt. „Fast alle Anträge scheitern“, sagt Rechtsanwa­lt Verenkotte. Dann kommt die Klage. Ab hier müssen sich Bewerber ernsthaft überlegen, ob sie sich einen Anwalt nehmen. Wer es ohne Anwalt versuchen möchte, kann sich bei den Studierend­envertretu­ngen einiger Unis beraten lassen. Marcel Zentel arbeitet bei der Hochschulb­eratung des Asta an der TU Berlin. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Klagen auch auf eigene Faust erfolgreic­h sein können.

An der TU gibt es Kurse, bei denen sich Interessen­ten informiere­n können. Die Klage-Kosten variieren, eine Pauschale gibt es nicht. Für Berlin nennt Zentel für den Anfang in der Regel etwa 200 Euro Gerichtsko­sten plus knapp 500 Euro, wenn die Uni sich von einem Anwalt vertreten lässt.

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