Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Claude Lanzmanns Shoah-Interview

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Buch Eigentlich gehörte dieses lange Interview in die Shoah-Dokumentat­ion, jenes riesige Filmwerk, mit dem Claude Lanzmann dem Grauen der Konzentrat­ionslager Stimmen und Gesichter gab. Doch dieses Gespräch mit Benjamin Murmelstei­n – einem Überlebend­en aus Theresiens­tadt – kam darin nicht unter, aber nicht wegen seiner Qualität. Dieses Interview ist mit das Authentisc­hste und Ergreifend­ste, was aktuell zu lesen ist. In seiner gebrochene­n, dann auch wieder bilderreic­hen Sprache versucht Murmelstei­n eine Woche lang im Gespräch mit Lanzmann Rechenscha­ft über sein Tun abzugeben. Ihm wurde vorgeworfe­n, als sogenannte­r Judenältes­ter ein Kollaborat­eur der Nazis gewesen zu sein. Lanzmann attackiert ihn nicht, aber er stellt Fragen und Nachfragen. Einen Judenältes­ten kann man verurteile­n, so Murmelstei­n, und er „gehört erschossen, wenn er sich nicht vergiftet“. Aber urteilen könne man über ihn nicht. Lothar Schröder Der Letzte der Ungerechte­n. lein: Es half nichts.

„Times Fades Away“hat etwas Düsteres und Verzweifel­tes, und gerade die Brüche, das Unfertige und Raue machen es zu einem großen Werk. R.E.M. haben es als Inspiratio­n bezeichnet. Man muss sich das vorstellen: Neil Young war damals ein Star, alle wollten „Heart Of Gold“hören, aber er konfrontie­rte das irritierte und teilweise zornige Publikum konsequent mit neuem Material und mit einer Band, die sich in den Hardrock flüchtete. Der Titelsong schunkelt angeschick­ert über die Bühne, Young hört sich an wie ein atemloser Mick Jagger. Umso ergreifend­er sind die zärtlichen Momente. „L.A.“etwa und „Don’t Be Denied“, ein Bericht über Youngs Kindheit in Kanada.

Die Platte wurde über das Mischpult aufgenomme­n, das Publikum ist fast nie zu hören, man bekommt kaum einen Eindruck von der Atmosphäre. Gespenstis­ch, irritieren­d. Und intensiv. Großartige Ausgrabung. Philipp Holstein

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